Zürich — Der russische Investor Viktor Vekselberg ist der Schweizer Dividendenkönig 2016. Die von ihm beherrschten Industriekonzerne Sulzer und Oerlikon schütten an ihn insgesamt 437 Millionen Franken aus, das sind gut 354 Millionen Franken mehr als letztes Jahr.
Als Mehrheitsaktionär des in Schieflage geratenen Traditionskonzerns Sulzer profitiert Vekselberg am meisten von der Sonderdividende, die er durchgedrückt hat: Allein sie beläuft sich auf 393 Millionen Franken. Dadurch werden Sulzer mitten in der Krise finanzielle Mittel entzogen, die Vekselberg selber gut gebrauchen kann. Denn einige seiner russischen Firmen dürften wegen des tiefen Öl- und Gaspreises in die roten Zahlen geraten sein.
Vekselberg hat letztes Jahr seinen Aktienanteil bei Sulzer von 33 auf 63 Prozent erhöht. Nun rollt für ihn der Rubel, während die Mitarbeiter bluten. Nur zwei Wochen, nachdem die Konzernleitung die Ausschüttung der Sonderdividende angekündigt hatte, gab sie die Schliessung der letzten Fabrik am Stammsitz in Winterthur und eine Verschärfung des laufenden Sparprogramms bekannt. In den nächsten zwei Jahren werden weltweit mehrere Hundert Stellen abgebaut.
Sparen bei den Mitarbeitern, Freigiebigkeit für die Dividendenbezüger — damit ist Vekselberg nicht alleine. Die Ostschweizer Familie Bühler etwa, Inhaberin der Bühler Group mit Sitz in Uzwil SG, erhöhte letztes Jahr in der Schweiz wegen des Frankenschocks die Arbeitszeit von 40 auf 45 Stunden. Danach stieg bei der weltgrössten Herstellerin von Anlagen für Pasta, Getreide, Reis, Schokolade und Bier der Gewinn um 18 Prozent — was der Familie eine unverändert hohe Dividende einbrachte.
«Ohne längere Arbeitszeiten wären wir nicht mehr konkurrenzfähig gewesen», begründet Konzernchef Calvin Grieder. Die Angestellten seien keineswegs leer ausgegangen, sondern hätten eine grosse Summe als Erfolgsbeteiligung erhalten. Aufs Podest der Dividendengewinner des Jahres schafft es auch der Unternehmer Klaus-Michael Kühne. Der von ihm kontrollierte Logistikkonzern Kühne + Nagel schrieb trotz starkem Franken einen Rekordgewinn. Für Kühne bedeutet das eine um 64 Millionen Franken gestiegene Dividende. Die Bronzemedaille geht an die Familie Blocher/Martullo: plus 24,5 Millionen Franken für die drei Blocher-Schwestern Magdalena Martullo, Rahel Blocher und Miriam Baumann-Blocher.
Grösste Verliererin des Jahres ist die Familie Schindler/Bonnard, Mehrheitsaktionärin des Lift- und Rolltreppenherstellers Schindler. Im Gegensatz zu Vekselberg zieht sie für sich die Konsequenzen aus dem gesunkenen Reingewinn und dem Abbau von 120 Stellen in der Schweiz. Die Familie kürzt ihre Dividende um knapp 24 Millionen Franken.
Auf Platz 1 aller Familienaktionäre landen in absoluten Zahlen die Roche-Erben Hoffmann und Oeri. Die neun dividendenberechtigten Familienmitglieder beziehen dank ihrer 50,1-Prozent-Beteiligung am Basler Pharmakonzern die Rekorddividende von 649 Millionen Franken. Die Geschäfte mit den teuren Krebsmedikamenten von Roche laufen so gut, dass der Konzern zum 29. Mal in Folge eine höhere Dividende ausschütten konnte.
Insgesamt erhalten die grössten Aktionärsclans in diesem Jahr Dividenden von gut 2,6 Milliarden Franken — so viel wie noch nie. In Tat und Wahrheit sind die Gewinne noch viel höher. Denn bei der Zusammenstellung konnten nur die Aktienpakete berücksichtigt werden, die in den Geschäftsberichten offengelegt werden müssen.
Nicht in die Rangliste geschafft haben es die Hauptaktionäre jener Firmen, die ihren Jahresabschluss erst in den nächsten Wochen bekannt geben. Dazu gehört Johann Rupert, Hauptaktionär des Luxusgüterkonzerns Richemont. Letztes Jahr erhielt er eine Dividende von 839 Millionen Franken. Selbst falls er sich dieses Jahr aufgrund leicht sinkender Umsätze eine tiefere Dividende auszahlt, wird er die Roche-Familie Hoffmann/Oeri wohl übertrumpfen.
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