Bischof brüskiert Geschiedene

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Der Chu­rer Bi­schof Vi­tus Huon­der will wie­der ver­hei­ra­te­te Ge­schie­de­ne nicht zu den Sak­ra­men­ten zu­las­sen. Die Ehe sei un­auf­lös­lich. Nur Ge­schie­de­ne, die al­lein blie­ben, gä­ben «ein kost­ba­res Zeug­nis für die Un­auf­lös­lich­keit der Ehe». Das schreibt Huon­der in sei­nem noch un­ver­öf­fent­lich­ten Hir­ten­brief zur Fas­ten­zeit. Al­le Pfar­rer des Bis­tums Chur müs­sen die­sen am Sonn­tag, 11. März, von der Kan­zel ver­le­sen.

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Huon­der ver­tritt zwar die of­fi­zi­el­le Lehr­mei­nung der Kir­che. Aber selbst auf Bi­schofs­ebe­ne ringt man um ei­nen barm­her­zi­ge­ren Um­gang mit den Ge­schie­de­nen. Die meis­ten Pfar­rer des Bis­tums, dem auch Zü­rich an­ge­hört, las­sen Ge­schie­de­ne in Zweit­ehen an den Sak­ra­men­ten teil­neh­men. Das sei auch rich­tig so, sagt der frü­he­re Wie­ner Weih­bi­schof Hel­mut Krätzl: «Sonst ver­mit­telt die Kir­che das Bild ei­nes stra­fen­den Got­tes, der kei­nen Neu­an­fang ge­währt.»

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Kom­men­tar


Michael Meier, Inland­redak­tor, über Bischof Huonders Affront ge­gen die Ge­schie­denen.
Michael Meier

Wieder ver­hei­ra­te­te Ge­schie­de­ne dür­fen nicht zu den Sak­ra­men­ten zu­ge­las­sen wer­den. Ge­schie­de­ne sol­len auf eine zwei­te Ehe ver­zich­ten oder ent­halt­sam mit­ein­an­der le­ben. Das müs­sen al­le Pfar­rer des Bis­tums TOP Chur am Fas­ten­sonn­tag, dem 11. März, von den Kan­zeln ver­kün­den. So will es der (noch nicht ver­öf­fent­lich­te) Hir­ten­brief «Ein Wort zur Ehe heu­te» des Chu­rer Bi­schofs Vi­tus Huon­der. Sei­ne Bot­schaft zu Os­tern: Al­le Ge­schie­de­nen im Lan­de, die nicht al­lein blei­ben mö­gen, le­ben in schwe­rer Sün­de. Da­rum sol­len sie von dem aus­ge­schlos­sen blei­ben, was die Kir­che für ihr Herz­stück hält: von den Sak­ra­men­ten.

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So weit also hat sich die Kir­che der Tra­di­tio­na­lis­ten von der Le­bens­wirk­lich­keit der Men­schen ent­fernt. Mei­len­weit ent­fernt aber auch von der Bot­schaft Jesu: Der Wan­der­pre­di­ger aus Na­za­reth wä­re der Letz­te ge­we­sen, der das Schei­tern der Men­schen be­straft und ih­nen kei­nen Neu­an­fang er­mög­licht hät­te. Den Evan­ge­li­en zu­fol­ge fühl­te sich Je­sus ge­ra­de Men­schen mit Brü­chen in ih­rer Bio­gra­fie be­son­ders na­he und schenk­te ih­nen neue Le­bens­per­spek­ti­ven.

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Bischof Huon­der aber ori­en­tiert sich nicht am Evan­ge­li­um, son­dern am Kir­chen­recht. Weil er die of­fi­zi­el­le Lehr­mei­nung der Kir­che ver­tritt, fühlt er sich zu die­sem neu­en Af­front ge­gen­über ei­nem Gross­teil der Be­völ­ke­rung be­rech­tigt. Al­ler­dings: Selbst auf der Bi­schofs­eta­ge sucht man seit Jahr­zehn­ten nach ei­nem barm­her­zi­ge­ren Um­gang mit wie­der ver­hei­ra­te­ten Ge­schie­de­nen. So­gar Jo­seph Rat­zin­ger hat­te sich als jun­ger Theo­lo­ge da­für stark­ge­macht. Und in den Pfar­rei­en — auch des Bis­tums Chur — las­sen die al­ler­meis­ten Pfar­rer Ge­schie­de­ne in Zweit­ehen selbst­ver­ständ­lich an den Sak­ra­men­ten teil­neh­men.

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Bischof Huon­ders Vor­ge­hen hat fast schon Me­tho­de. Er liebt es, in strit­ti­gen Fra­gen vor­zu­prel­len und sei­ne Kol­le­gen in der Schwei­zer Bi­schofs­kon­fe­renz rechts zu über­ho­len. Ob in der Fra­ge der la­tei­ni­schen Mes­se, des schu­li­schen Se­xu­al­kun­de­un­ter­richts, der Pre­digt von Lai­en in der Eu­cha­ris­tie­fei­er — im­mer gibt er sei­ne Stim­me als die of­fi­zi­ell kirch­li­che aus, oh­ne sei­ne Mit­bi­schö­fe zu kon­sul­tie­ren. Statt als Men­schen­freund zeigt er sich als un­barm­her­zi­ger Hir­te.

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Huonders Hirtenbrief stösst am See auf Ablehnung

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(rau)

Die ka­tho­li­schen Pries­ter sol­len Wie­der­ver­hei­ra­te­ten die Sak­ra­men­te ver­wei­gern. Dies for­dert Bi­schof Vi­tus Huon­der in sei­nem neu­en Hir­ten­brief. Pfar­rer aus dem Be­zirk Hor­gen ver­wei­gern ihm nun die Ge­folg­schaft: Kaum ei­ner mag den Brief in der Kir­che ver­le­sen.

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Thomas Hart­mann, Pfar­rei­be­auf­trag­ter aus Ober­rie­den, hält den Hir­ten­brief für «nicht zu­mut­bar». Das sei der fal­sche Weg, um die Ins­ti­tu­tion der Ehe zu schüt­zen. Für Mi­chael Kers­sen­fi­scher, Dia­kon der Kirch­ge­mein­de Hir­zel-Schö­nen­berg-Hüt­ten ste­hen die Wor­te Vi­tus Huon­ders im Wi­der­spruch zum Evan­ge­li­um, das Barm­her­zig­keit pre­digt. Er ori­en­tie­re sich am Wir­ken von Je­sus, sagt Kers­sen­fi­scher, «und der ist nicht mit dem Kir­chen­ge­setz un­ter dem Arm her­um­ge­lau­fen». Den Hir­ten­brief vor­zu­le­sen, hält er für «un­ver­ant­wort­lich».

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Josip Knezevic von der ka­tho­li­schen Pfar­rei in Rüsch­li­kon hin­ge­gen will dem Bi­schof sein Recht nicht ver­wei­gern, zu sei­nem Bis­tum zu spre­chen. Auch er ist aber «nicht glück­lich» über den Hir­ten­brief und die Dis­kri­mi­nie­rung der Wie­der­ver­hei­ra­te­ten: «Ich wer­de mir nicht an­mas­sen, je­man­dem vor dem Glück zu ste­hen, der sei­ne Lie­be ge­fun­den hat», sagt Kne­ze­vic. Schliess­lich sei er «Seel­sor­ger, kein Rich­ter».

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Sündig sind noch viele

Mit dem In­halt des Hir­ten­briefs scha­de der Bi­schof der Kir­che, sagt der Ober­ried­ner Mar­kus Ar­nold, Stu­di­en­lei­ter des Re­li­gi­ons­pä­da­go­gi­schen Ins­ti­tuts in Lu­zern. Die Ehe sei an­spruchs­vol­ler, Schei­dun­gen sei­en oft un­um­gäng­lich ge­wor­den. Ei­ne zwei­te Ehe wer­de meist nicht leicht­fer­tig ein­ge­gan­gen. Sol­che Paa­re nun von den Sak­ra­men­ten aus­zu­schlies­sen, sei nicht an­ge­bracht und auch nicht prak­ti­ka­bel. «Ich bin über­zeugt, dass heu­te bei fei­er­li­chen Got­tes­diens­ten die Hälf­te der An­we­sen­den die Kom­mu­ni­on nicht em­pfan­gen dürf­te», sagt Mar­kus Ar­nold. Denn sün­dig in den Au­gen der ka­tho­li­schen Kir­che sind auch Ge­schie­de­ne, im Kon­ku­bi­nat le­ben­de Paa­re, Frau­en, wel­che die Pil­le neh­men oder ab­trei­ben, so­wie Män­ner, die die­ses zu­las­sen.

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Seel­sorge­rat setzt sich für Ge­schie­dene ein

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(net)

Zürich — Am kom­men­den Wo­chen­en­de sol­len die Zür­cher Seel­sor­ger im Got­tes­dienst ei­nen Hir­ten­brief von Diö­ze­san­bi­schof Vi­tus Huon­der ver­le­sen. Un­ter dem Ti­tel «Die Ehe soll von al­len in Ehren ge­hal­ten wer­den» be­kräf­tigt die­ser, dass Ge­schie­de­ne nicht zu den Sak­ra­men­ten zu­ge­las­sen wer­den sol­len (TA vom 3.3.). Ges­tern hat sich der Seel­sor­ge­rat des Kan­tons Zü­rich da­zu ge­äus­sert. «Mit gros­ser Be­trof­fen­heit» hät­ten die Mit­glie­der des Rats den Hir­ten­brief ih­res Bi­schofs zur Kennt­nis ge­nom­men, schreibt er in ei­ner Mit­tei­lung.

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Er teile die Sor­ge um die christ­li­che Ge­stal­tung der Ehe und wis­se auch um die Wei­sun­gen der Kir­che. Er ver­weist aber auch auf die viel­schich­ti­ge Prob­le­ma­tik, wenn es um die Zu­las­sung zur Kom­mu­ni­on von wie­der­ver­hei­ra­te­ten Ge­schie­de­nen geht, und stellt die Fra­ge in den Raum, ob solch strik­te Wei­sungen auch in je­dem Fall dem Heil der be­trof­fe­nen Men­schen dien­ten. Schliess­lich ken­ne das Evan­ge­li­um auch «das Ge­setz der Barm­her­zig­keit». «Die­ses ver­mis­sen wir im Hir­ten­brief un­se­res Bi­schofs», schreibt der Seel­sor­ge­rat wei­ter. Da­nach dankt er al­len Seel­sor­ge­rin­nen und Seel­sor­gern, die auch ge­schie­de­nen und wie­der­ver­hei­ra­te­ten Men­schen hel­fen, ih­ren Weg mit Gott und in der Eu­cha­ris­tie­ge­mein­schaft der Kir­che zu ge­hen. Der Seel­sor­ge­rat ist das Be­ra­tungs­gre­mi­um des Ge­ne­ral­vi­kars für die Kan­to­ne Zü­rich und Gla­rus.

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Pfarrer weigern sich, den Hirten­brief von Bischof Huon­der zu ver­lesen

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Sel­ten stiess ein Hir­ten­brief in einem Bis­tum auf so viel Ab­leh­nung. Seel­sor­ger wi­der­set­zen sich der For­de­rung des Chu­rer Bi­schofs, Wie­der­ver­hei­ra­te­te von der Kom­mu­ni­on aus­zu­schlies­sen.

Von Michael Meier
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Die Ab­leh­nung des Hir­ten­brie­fes, der Wie­der­ver­hei­ra­te­te von den Sak­ra­men­ten aus­schliesst, sei un­ter Pfar­rern und der Kir­chen­be­völ­ke­rung ex­trem. Das sagt der Win­ter­thu­rer Pfar­rer und De­kan Hu­go Geh­ring. «So­gar Tra­di­tio­na­lis­ten lei­den dar­un­ter, weil ja fast al­le Ge­schie­de­ne in der Fa­mi­lie ha­ben.» Bi­schof Huon­ders For­de­rung, Ge­schie­de­ne, die nicht al­lei­ne blei­ben wol­len, nicht zur Kom­mu­ni­on und den an­de­ren Sak­ra­men­ten zu­zu­las­sen, hält Geh­ring für schlicht un­barm­her­zig. Na­mens zahl­rei­cher Seel­sor­ger hat er ei­ne Stel­lung­nah­me ver­fasst. Dar­in heisst es: «Wir wer­den die­sen Hir­ten­brief in un­se­ren Kir­chen nicht ver­le­sen. Wir möch­ten uns in­halt­lich und for­mal von die­sem bi­schöf­li­chen Schrei­ben deut­lich di­stan­zie­ren.» Ihm wür­den selbst kir­chen­treue Leu­te für die Stel­lung­na­hme dan­ken.

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Geh­ring weiss von einem ein­zi­gen Pries­ter im De­ka­nat Win­ter­thur, der den Brief am mor­gi­gen Fas­ten­sonn­tag ver­le­sen wird, wie das der Bi­schof wünscht. Er er­in­nert sich, dass Theo­lo­gen schon in sei­ner Stu­dien­zeit in den 70er-Jah­ren ei­nen barm­her­zi­ge­ren Um­gang mit Wie­der­ver­hei­ra­te­ten for­der­te. In­zwi­schen ver­lang­ten das auch zahl­rei­che Bi­schöfe — der Brief von Huon­der be­deu­te ei­nen «ge­wal­ti­gen Rück­schritt».

«Pro­test und Un­ru­he schü­ren»

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Viele Pfar­rer im Bis­tum Chur ha­ben sich in Stel­lung­nah­men oder via Me­dien vom Hir­ten­brief di­stan­ziert. Im Kan­ton Nid­wal­den hat die De­ka­nats­ver­samm­lung am Mitt­woch ein­stim­mig be­schlos­sen, den Brief nicht zu ver­le­sen: «Statt die Froh­bot­schaft zu ver­kün­den – wie es un­se­re Auf­ga­be ist —, wür­den wir Är­ger, Un­ru­he und Pro­test her­vor­ru­fen, und zwar ge­ra­de bei je­nen Men­schen, die zu Recht ein Wort der Er­mu­ti­gung und der Stär­kung nö­tig hät­ten.» Die Seel­sor­ger se­hen sich des­halb ver­pflich­tet, auch nach die­sem Hir­ten­brief wie­der­ver­hei­ra­te­te Ge­schie­de­ne zu den Sak­ra­men­ten zu­zu­las­sen.

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So will es auch der Stell­ver­tre­ter von Bi­schof Huon­der hand­ha­ben, der Zür­cher Ge­ne­ral­vi­kar Jo­sef An­nen. Er stellt sich hin­ter eine ent­spre­chen­de Er­klä­rung des Zür­cher Seel­sor­ge­rats.

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Pfarrer hal­ten Huon­ders Hirten­brief für un­mensch­lich und un­barm­her­zig

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Der vom Chu­rer Bi­schof ver­lang­te Aus­schluss Wie­der­ver­hei­ra­te­ter von den Sak­ra­men­ten sorgt für Un­mut.

Hugo Gehring

Bi­schof Vi­tus Huon­der steht ziem­lich al­lein mit sei­ner Ab­leh­nung von Zweit­ehen.

Foto: Martin Rütschi (Keystone)

Hugo Gehring

Bi­schof Vi­tus Huon­der steht ziem­lich al­lein mit sei­ner Ab­leh­nung von Zweit­ehen.

Foto: Martin Rütschi (Keystone)

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Von Michael Meier

«Wir wer­den die­sen Hir­ten­brief in un­se­ren Kir­chen nicht ver­le­sen. Wir möch­ten uns in­halt­lich und for­mal von die­sem bi­schöf­li­chen Schrei­ben deut­lich di­stan­zie­ren.» Das schreibt der Win­ter­thu­rer De­kan und Pfar­rer Hu­go Geh­ring im Na­men zahl­rei­cher Seel­sor­ger aus der Re­gi­on Win­ter­thur und dem Zür­cher Un­ter­land in ei­ner Stel­lung­nah­me. Von al­len Mit­glie­dern der ka­tho­li­schen Kir­che, die in ge­trenn­ter Ehe leb­ten, zu ver­lan­gen, un­ver­hei­ra­tet zu blei­ben, sei «nach un­se­ren Er­fah­run­gen un­mensch­lich und von der christ­li­chen Bot­schaft so nicht ab­leit­bar».

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Gemäss Wei­sung des Chu­rer Bi­schofs soll der Hir­ten­brief am mor­gi­gen Fas­ten­sonn­tag von al­len Kan­zeln des Bi­stums Chur ver­le­sen wer­den (TA vom 3. März). Kaum je hat ein Hir­ten­brief schon im Vor­feld so viel Staub auf­ge­wir­belt und so viel Ab­leh­nung pro­vo­ziert. Vi­tus Huon­der be­ruft sich auf die of­fi­zi­el­len amts­kirch­li­chen Vor­ga­ben und ver­langt, die wie­der­ver­hei­ra­te­ten Ge­schie­de­nen sei­en von den Sak­ra­men­ten aus­zu­schlies­sen. Den Wor­ten Je­su zu­fol­ge sei die Ehe un­auf­lös­lich. Dar­um kä­men Ge­schie­de­ne durch «ih­re Ent­schei­dung, eine neue Part­ner­schaft ein­zu­ge­hen, in eine Si­tua­ti­on, die den Em­pfang der Sak­ra­men­te ver­un­mög­licht». Nur Ge­trenn­te und Ge­schie­de­ne, die al­lei­ne blie­ben, gä­ben «ein kost­ba­res Zeug­nis für die Un­auf­lös­lich­keit der Ehe», so Huon­der.

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«Es ging hoch zu und her»

Laut Chris­tian Breit­schmid, dem In­for­ma­tions­be­auf­trag­ten des Zür­cher Ge­ne­ral­vi­ka­ri­ats, hat Bi­schof Huon­der ein Reiz­the­ma auf­ge­grif­fen und mehr Ab­leh­nung als Be­für­wor­tung pro­vo­ziert. «Die gan­ze Wo­che über ging es hoch zu und her. Die Me­dien ha­ben flä­chen­dec­kend über den Hir­ten­brief be­rich­tet.» Von Pries­tern hö­re er über­wie­gend sehr kri­ti­sche Kom­men­ta­re. Breit­schmids Ein­schät­zung nach wird eine Mehr­heit der Pfar­rer den Hir­ten­brief am Sonn­tag nicht ver­le­sen und die Pra­xis bei­be­hal­ten, auch Wie­der­ver­hei­ra­te­te zu den Sak­ra­men­ten zu­zu­las­sen.

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Selbst der Zür­cher Ge­ne­ral­vi­kar Jo­sef An­nen — al­so der Stell­ver­tre­ter von Bi­schof Huon­der — steht laut Breit­schmid voll und ganz hin­ter dem Wort­laut der am Mitt­woch vom Zür­cher Seel­sor­ge­rat ver­ab­schie­de­ten Er­klä­rung. Dar­in heisst es: «Des­halb dan­ken wir al­len Seel­sor­ge­rin­nen und Seel­sor­gern, die auch ge­schie­de­nen und wie­der­ver­hei­ra­te­ten Men­schen hel­fen, ih­ren Weg mit Gott und in der Eu­cha­ris­tie­ge­mein­schaft der Kir­che zu ge­hen.» Der Rat er­mun­tert die Seel­sor­ger al­so aus­drück­lich, Men­schen in Zweit­ehen zur Kom­mu­ni­on und zu den Sak­ra­men­ten zu­zu­las­sen. Der Hir­ten­brief las­se «das Ge­setz der Barm­her­zig­keit» ver­mis­sen, wie es das Evan­ge­li­um ver­kün­det, fin­det der Zür­cher Rat.

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«Sind wir nicht al­le Sün­der?»

Die Seel­sor­ger im Kan­ton Nid­wal­den ha­ben an der De­ka­nats­ver­samm­lung vom Mitt­woch gar ein­stim­mig be­schlos­sen, «dass die­ser Brief nicht im Got­tes­dienst ver­le­sen wer­den kann. Statt Froh­bot­schaft zu ver­kün­den — wie es un­se­re Auf­ga­be ist –, wür­den wir Är­ger, Un­ru­he und Pro­test her­vor­ru­fen, und zwar ge­ra­de bei Men­schen, die zu Recht ein Wort der Er­mu­ti­gung und der Stär­kung nö­tig hät­ten.» Die Nid­wald­ner Seel­sor­ger wer­den da­her wei­ter­hin ge­schie­de­nen Wie­der­ver­hei­ra­te­ten den Em­pfang der Sak­ra­men­te (Kom­mu­ni­on, Ver­söh­nung, Kran­ken­sal­bung) ge­wäh­ren. «Uns ist wich­tig, dass wir als Kir­che of­fen und ein­la­dend sind für al­le Men­schen.»

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Im De­ka­nat In­ner­schwyz hin­ge­gen sind die Mei­nun­gen un­ter den Pfar­rern ge­teilt, wie der dor­ti­ge De­kan, Pfar­rer Kon­rad Bur­ri, sagt: «Es gibt ei­ni­ge Pfar­rer, die den Brief vor­le­sen wer­den.» Er sel­ber hat ent­schie­den, den bi­schöf­li­chen Brief nicht zu ver­le­sen. «Je­man­den zu­rück­zu­wei­sen, von dem ich weiss, dass er wie­der­ver­hei­ra­tet ist, kommt für mich nicht in Fra­ge. Das kön­nen Men­schen mit ei­ner ech­ten christ­lich­gläu­bi­gen Hal­tung sein», sagt Bur­ri. Je­der müs­se es mit sei­nem Ge­wis­sen selbst aus­ma­chen, ob er zur Kom­mu­ni­on ge­he oder nicht. «Das kön­nen wir Pries­ter nicht be­ur­tei­len», sagt Bur­ri und fragt: «Wo ist in die­sen Richt­li­ni­en die Barm­her­zig­keit ge­gen­über dem Sün­der? Sind wir nicht al­le Sün­der?»

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Pfarrer Mar­cus Flu­ry vom bünd­ne­ri­schen Vel­la wird mor­gen Sonn­tag im Got­tes­dienst auf den Hir­ten­brief hin­wei­sen. Er kann ihm durch­aus auch Po­si­ti­ves ab­ge­win­nen — et­wa dass er auf die not­wen­di­ge Ehe­vor­be­rei­tung auf­merk­sam ma­che. Mar­cus Flu­ry hat Bi­schof Huon­ders Hir­ten­brief ins Ro­ma­ni­sche über­setzt und ist be­reit, mit je­dem dar­über zu re­den, der dies wün­sche. Ver­le­sen wird aber auch er den Brief nicht. «Im Dorf kennt je­der je­den. Wür­de ich den Brief ver­le­sen, wür­de ich Be­trof­fe­ne, die am Got­tes­dienst teil­neh­men, an den Pran­ger stel­len.» Ob je­mand zur Kom­mu­ni­on ge­hen wol­le, sei ein Ent­scheid, den je­der sel­ber fäl­len müs­se. «Ich weiss ja auch nicht, ob sol­che, die als sehr fromm gel­ten, wirk­lich wür­dig sind, die Kom­mu­ni­on zu em­pfan­gen.»

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«Du bist ein Pre­di­ger im be­sten Sinn» — «Mein Ruf als Ka­ri­ka­tu­rist ist rui­niert»

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Gross­mün­ster-Pfar­rer Chri­stoph Sig­rist und «Tages-An­zei­ger»-Ka­ri­ka­tu­rist Fe­lix Schaad un­ter­hal­ten sich über ih­re Be­ru­fe. Da­bei ent­dec­ken sie mehr Ge­mein­sam­kei­ten, als einem von ih­nen lieb ist.

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Mit Chri­stoph Sig­rist und Fe­lix Schaad sprach Ed­gar Schu­ler
Karrikatur 1

La­chen kommt in der Bi­bel nicht vor»: Ka­ri­ka­tu­rist Schaad (l.) und Gross­mün­ster-Pfar­rer Sig­rist.

Foto: Do­mi­ni­que Meien­berg

Karrikatur 2
Bi­schof Vi­tus Huon­der schreibt einen Hir­ten­brief.
Karrikatur 3
An­ge­la Mer­kel bei der Er­öff­nung des WEF in Da­vos.
Karrikatur 1
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La­chen kommt in der Bi­bel nicht vor»: Ka­ri­ka­tu­rist Schaad (l.) und Gross­mün­ster-Pfar­rer Sig­rist.

Foto: Do­mi­ni­que Meien­berg

Karrikatur 2
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Bi­schof Vi­tus Huon­der schreibt einen Hir­ten­brief.
Karrikatur 3
An­ge­la Mer­kel bei der Er­öff­nung des WEF in Da­vos.
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Winter­thur — Dar­auf hat er sich ge­freut: Gross­müns­ter-Pfar­rer Chris­toph Sig­rist be­sucht das Ate­lier, in dem «Ta­ges-An­zei­ger»-Ka­ri­ka­tu­rist Fe­lix Schaad sei­ne ers­te Ein­zel­aus­stel­lung in Eg­li­sau vor­be­rei­tet. Die bei­den ken­nen sich, und sie be­gin­nen zu dis­ku­tie­ren. Sie beu­gen sich über die Ori­gi­nal­ka­ri­ka­tu­ren aus dem TA, die Schaad für sei­ne ers­te Ein­zel­aus­stel­lung be­reit macht.

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Chri­stoph Sig­rist: Da, die Ka­ri­ka­tur zum Hir­ten­brief von Bi­schof Huon­der, in der sich Je­sus am Kru­zi­fix über den Got­tes­mann är­gert. Was geht da in dir ab, bis die Zeich­nung so her­aus­kommt?

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Felix Schaad: Of­fen ge­stan­den bin ich we­gen dir dar­auf ge­kom­men. Ich ha­be mich an die­sem Tag recht schwer ge­tan mit dem The­ma. Und dann ist mir ein Ge­spräch mit dir in den Sinn ge­kom­men. Du hast da­mals ge­sagt, dass dir «Don Ca­mil­lo und Pep­po­ne» so gut ge­fällt, die Fil­me mit Fer­nan­del aus den 50er-Jah­ren, in de­nen Je­sus vom Kreuz zum Pfar­rer spricht. Dann ha­be ich mir ge­dacht: Das ist es! Das war die Zün­dung, du hast mich ge­ret­tet. (Bei­de la­chen.) Die Zeich­nung hat­te ich dann so ge­gen halb acht Uhr abends grob fer­tig­ge­stellt — und dann sind mir noch sechs wei­te­re mög­li­che Su­jets ein­ge­fal­len. Ich ha­be die al­le dem zu­stän­di­gen Ta­gi-Re­dak­tor ge­zeigt, aber wir wuss­ten so­fort: Der mit dem Je­sus ist es.

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Sig­rist: War­um?

Schaad: Er war der di­rek­tes­te Zu­gang zum The­ma, aber auch der frech­ste.

Was sagt der Gross­müns­ter-Pfar­rer dar­auf, wenn der Ka­ri­ka­tu­rist die Kir­che so frech zum The­ma macht?

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Sig­rist: Fe­lix Schaad reiht sich hier ein in eine ur­al­te Tra­di­ti­on. Das ist in der Kir­chen­ge­schich­te im­mer wie­der pas­siert, dass Leu­te der Kir­che ei­nen Spie­gel vor­ge­hal­ten ha­ben. In die­sem Fall geht es ja dar­um, dass nicht nur die Kir­che — hier die ka­tho­li­sche, aber oft ge­nug be­trifft das auch die re­for­mier­te — manch­mal Ent­schei­de trifft, von de­nen ich das Ge­fühl ha­be, sie sei­en sehr weit weg von dem, was die Men­schen be­wegt und was ei­gent­lich die Bot­schaft von Je­sus ist. Die­se Ka­ri­ka­tur ist ein Kom­men­tar zum ak­tu­el­len Ge­sche­hen, ge­nau so, wie ich ihn von dir er­war­te. Das ist für mich et­was vom Fein­sten, höch­stes Ni­veau. Da­mit gibst du den Men­schen et­was, an dem sie sich ori­en­tie­ren kön­nen.

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Es gab bö­se Le­ser­brie­fe auf die Ka­ri­ka­tur. Kön­nen Sie ver­ste­hen, dass sich Leu­te durch die Ka­ri­ka­tur ver­letzt füh­len?

Schaad: Wenn die Le­ser ei­ne lus­ti­ge Zeich­nung se­hen, ge­hen sie auto­ma­tisch da­von aus, dass al­les, was dar­auf ab­ge­bil­det ist, durch den Ka­kao ge­zo­gen wird. Ich den­ke aber, der­je­ni­ge, der hier am we­nig­sten durch den Ka­kao ge­zo­gen wird, ist die­ser Je­sus am Kreuz.

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Sig­rist: Man kann sich ver­letzt füh­len, wenn man die Zeich­nung qua­si buch­sta­ben­ge­treu liest. Man sieht dann ein­fach die In­stru­men­ta­li­sie­rung des Kru­zi­fi­xes. Und da fra­ge ich: Wie häu­fig wird das Kreuz sonst noch in­stru­men­ta­li­siert? Aber Fe­lix ar­bei­tet ja viel sub­ti­ler. Die Bot­schaft be­fin­det sich ge­wis­ser­mas­sen «zwi­schen den Zei­len», zwi­schen den Stri­chen. Und das ist für mich fan­tas­tisch. So dürf­te er auch ei­nen bi­bli­schen Text in­ter­pre­tie­ren. Aber dass das nicht al­le so le­sen kön­nen, ist ver­ständ­lich.

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Hier ei­ne ganz an­de­re Ka­ri­ka­tur: An­ge­la Mer­kel in Da­vos.

Sig­rist: Die Zeich­nung spricht mich an, weil die Berg­welt zu mei­ner Welt ge­hört. Ich bin auch oft in Da­vos. Du nimmst die­se Welt und stellst da­mit ver­dich­tet ein Prob­lem dar: Schnee­ber­ge wer­den zu Schul­den­ber­gen.

Wie in einem bib­li­schen Gleich­nis?

Sig­rist: Ja, ge­nau. Je­sus hat häu­fig so ge­ar­bei­tet …

Schaad: … aber nicht mit Schnee­ber­gen.

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Sig­rist: Es geht ja dar­um: Du, Fe­lix, holst die Be­trach­ter mit et­was ab, das sie gut ken­nen, und du ver­frem­dest das. Da­mit löst du ein Aha-Er­leb­nis aus. Je­sus hat da­für nicht die Schnee­ber­ge her­an­ge­zo­gen, son­dern zum Bei­spiel ein Senf­korn. Er hat ge­sagt, das Senf­korn ist so klein, aber dar­aus wächst ein rie­si­ger Baum. Ein an­de­res Bei­spiel: Je­sus stellt das Pa­ra­dox, dass ein Rei­cher nicht glück­lich wird, mit dem Bild vom Ka­mel und vom Na­del­öhr dar. Ich könn­te mir gut vor­stel­len, dass du so et­was auch zeich­nest.

Schaad: Na ja, die­ses Bild gibt es schon. Mei­ne Auf­ga­be als Ka­ri­ka­tu­rist ist es, die­sem Bild zu­sätz­lich ei­nen wit­zi­gen Drall zu ge­ben.

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Gibt es noch mehr, was Fe­lix Schaad mit Je­sus Chris­tus ver­bin­det?

Sig­rist: Ja, klar. Du bist ge­sell­schafts­kri­tisch, du bist par­tei­isch für die, die un­ter die Rä­der kom­men.

Schaad: Ka­ri­ka­tur funk­tio­niert nur so. Sie geht im­mer von den Schwa­chen aus und nimmt für sie Par­tei. Der Blick rich­tet sich von un­ten nach oben …

Sig­rist: … auch in der Bi­bel ist ge­nau das ei­ne Es­senz: Gott ist par­tei­isch für die Schwa­chen. Und du hältst den­je­ni­gen den Spie­gel vor, die die Schwa­chen nie­der­tram­peln. Die Ver­än­de­rung zum Bes­se­ren ist die Bot­schaft.

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Der Ka­ri­ka­tu­rist ver­än­dert die Welt?

Schaad: Na ja. Eigent­lich will ich vor al­lem die Be­trach­ter zum La­chen brin­gen. Wenn die Leu­te schmun­zeln, ist für mich das Fu­der schon ge­führt. Und wenn dann auch noch et­was hän­gen bleibt, je­mand ins Grü­beln kommt — um­so bes­ser. Aber ich ge­be mich nicht der Il­lu­sion hin, dass ich ir­gend­et­was ver­än­de­re.

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Sig­rist: Da muss ich wi­der­spre­chen: In­dem du die Leu­te zum La­chen bringst, ver­än­derst du. La­chen be­freit, um an­ders den­ken kön­nen — vor al­lem in sei­ner ver­dich­tet­sten Form, dem La­chen über sich sel­ber.

Schaad: Und: Es ist ver­bin­dend.

Sig­rist: Ge­nau, das La­chen ist die kür­ze­ste Di­stanz zwi­schen zwei Men­schen. Auch dar­um ist das La­chen für mich die Schwes­ter des Glau­bens. Und da kom­me ich wie­der ins Spiel: Ich möch­te als Pre­di­ger das­sel­be be­wir­ken wie du als Ka­ri­ka­tu­rist. Du pre­digst mit dem Zei­chen­stift, so wie ich mit Wor­ten.

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Schaad: Jetzt muss ich aber wi­der­spre­chen. Der gros­se Un­ter­schied ist, dass ich mich als Ka­ri­ka­tu­rist an ei­nem Ort be­tä­ti­ge, von dem die Leu­te un­ter­des­sen wis­sen: Das ist ei­ne Ka­ri­ka­tur, da soll man, da darf man la­chen. Aber Kir­chen sind um­ge­kehrt ja ge­nau der Raum, den man nicht mit dem La­chen in Ver­bin­dung bringt. Ich wur­de so er­zo­gen, dass ich weiss: In ei­ner Kir­che ist man lei­se und ernst.

Lachen bei Ih­ren Pre­dig­ten die Got­tes­dienst­be­su­cher im Gross­müns­ter, Herr Sig­rist?

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Sig­rist: Gar nicht so sel­ten. Man muss aber ein­es wis­sen: La­chen ist die ein­zi­ge Ge­fühls­re­gung, die in der Bi­bel nie vor­kommt. Je­sus lacht nie. Aber das glau­be ich nicht. Je­sus muss doch ein fröh­li­cher Mensch ge­we­sen sein.

Den­noch: Ernst do­mi­niert die Kir­che.

Sig­rist: Es gibt Aus­nah­men, et­wa das Os­ter­la­chen. Im Mit­tel­al­ter muss­ten die Pries­ter die Os­ter­freu­de mit Wit­zen för­dern. Weil da auch ziem­lich schlüpf­ri­ge Wit­ze er­zählt wur­den, wur­de das ver­bo­ten. Da­mit ver­stumm­ten nicht nur die Wit­ze, son­dern auch das La­chen

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Chris­toph Sig­rist macht Sie quasi zu ei­nem Pre­di­ger. Wie kommt das bei Ih­nen an, Fe­lix Schaad?

Schaad: Mein Ruf als Ka­ri­ka­tu­rist ist rui­niert. (Bei­de la­chen.)

Sig­rist: Du bist in dei­ner Art ein Pre­di­ger im bes­ten Sinn. Du hast das ja vor­hin auch be­stä­tigt: Du machst das nicht ein­fach, weil du vom Ta­gi ei­nen Auf­trag hast, son­dern du willst et­was be­wir­ken. Da sind wir bei­de uns sehr na­he.

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Bi­schof kan­zelt Prie­ster ab

Ka­tho­li­sche Seel­sor­ger sind em­pört, wie Bi­schof Vi­tus Huon­der über die Ar­beit in den Pfar­rei­en des Bis­tums Chur her­zieht.

Von Silvio Temperli
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Zürich/Chur — Ein lan­ges Pa­pier von über 24 Sei­ten, das weit über einen Hir­ten­brief hin­aus­geht, pro­vo­ziert die ka­tho­li­sche Kir­che in Zü­rich und in der Ur­schweiz. In sei­nen jüng­sten An­wei­sun­gen, die am Don­ners­tag an die Me­di­en ge­lang­ten, er­in­nert Bi­schof Vi­tus Huon­der da­ran, dass die Gläu­bi­gen das Recht auf eine «Li­tur­gie oh­ne Miss­bräu­che und oh­ne Eigen­mäch­tig­kei­ten vor Ort» hät­ten. Die­se Äus­se­rung des Ober­hir­ten hat die Ge­ne­ral­vi­ka­ria­te Zür­ich-Gla­rus so­wie Ur­schweiz auf den Plan ge­ru­fen. Huon­der fin­de kein gu­tes Wort an der Fei­er des Got­tes­diens­tes, kri­ti­sier­ten sie ges­tern in einem Com­mu­ni­qué. Sie wer­fen dem Bi­schof vor, die «be­währ­te bis­he­ri­ge Pra­xis der Fei­er der Li­tur­gie in­fra­ge zu stel­len».

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«Ist das wirk­lich ein Skan­dal?»

Franz Stampf­li, Dom­herr im Ge­ne­ral­vi­ka­ri­at Zü­rich, ist ent­rüs­tet, dass Huon­der die Ar­beit der Seel­sor­ger nur ne­ga­tiv dar­stel­le und über al­les schim­pfe, was aus sei­ner Sicht falsch lau­fe: «Er macht ge­nau das, was frü­her die Geg­ner der Kir­che ge­tan ha­ben.» Miss­bräu­che sei­en für ihn, dass die Seel­sor­ger auf Dia­lekt statt in Schrift­deutsch pre­di­gen. Dass sie Kirch­gän­ger das Sak­ra­ment der Kom­mu­ni­on em­pfan­gen las­sen, auch wenn sie in schwe­rer Sün­de le­ben. Und dass Lai­en wäh­rend der hei­li­gen Mes­se am Sonn­tag pre­di­gen — statt aus­schliess­lich Pries­ter oder De­ka­ne. Stampf­li fragt sich: «Ist das wirk­lich ein Skan­dal?» Nicht ein ein­zi­ges Wort des Lo­bes und des Dan­kes sei aus Chur zu ver­neh­men.

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Gelas­sen re­agier­te der bi­schöf­li­che Spre­cher Giu­sep­pe Gra­cia auf die Em­pö­rung aus Zü­rich und der In­ner­schweiz: «Ein­zel­stim­men kom­men­tie­ren wir nicht.» Und füg­te bei: «Das Com­mu­ni­qué aus Zü­rich ist für uns eine Be­stä­ti­gung, dass der Bi­schof rich­ti­ge Sa­chen er­wähnt, die wich­tig sind.»

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Ka­tho­li­sche Kir­che Bi­schof kan­zelt Prie­ster ab, TA vom 10. November

«Huon­der ist Er­fül­lungs­ge­hilfe einer stock­kon­ser­va­ti­ven Ku­rie»

Reak­tion auf Pfar­rei-Ini­tia­ti­ve.

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Da ent­lee­ren sich die Kir­chen im­mer mehr, wes­halb eini­ge da­von wohl bald zum Ver­kauf an­ge­bo­ten wer­den müs­sen , und der Pries­ter­man­gel wird im­mer gra­vie­ren­der. Wie ver­hält sich in die­ser Si­tua­ti­on der «Ober­hir­te» in Chur? Bi­schof Vi­tus Huon­der fällt nichts Bes­se­res ein, als die vie­len en­ga­gier­ten Seel­sor­ge­rin­nen und Seel­sor­ger, die möch­ten, dass auch fort­schritt­lich den­ken­de Gläu­bi­ge in der Kir­che ih­ren Platz ha­ben, in einem 23-sei­ti­gen «Wort des Bi­schofs» we­gen an­geb­li­cher Miss­bräu­che der Li­tur­gie und Eigen­mäch­tig­kei­ten zu rü­gen. An­statt sei­ne Ener­gie da­rauf zu ver­wen­den, zu­sam­men mit den nach Re­for­men drän­gen­den Seel­sor­gern und Gläu­bi­gen nach trag­ba­ren Lö­sun­gen zu su­chen, nimmt er es mit sei­ner Pro­vo­ka­ti­on in Kauf, dass ihm am En­de nur noch die «Rom-Treu­en» blei­ben. Ist das viel­leicht Ab­sicht und sei­ne Re­ak­ti­on auf die lau­fen­de, von Hun­der­ten von TOP «Bi­schof Huon­der nimmt mit sei­ner Pro­vo­ka­ti­on in Kauf, dass ihm nur noch die Rom-Treu­en blei­ben.» Seel­sor­ge­rin­nen und Seel­sor­gern so­wie von Hun­der­ten von Sym­pa­thi­san­ten un­ter­schrie­be­ne Pfar­rei-Ini­tia­ti­ve, die mit Nach­druck auf den Re­form­stau in der ka­tho­li­schen Kir­che auf­merk­sam macht und de­ren Er­neue­rung als über­fäl­lig be­trach­tet? An­läss­lich des 2. Va­ti­ka­ni­schen Kon­zils hat­te TOP Papst Jo­han­nes ⅩⅩⅢ. zum Auf­bruch («ag­gior­na­men­to») auf­ge­ru­fen. In der Fol­ge wur­den je­doch die Fens­ter nur einen Spalt weit ge­öff­net und die Re­form­be­we­gung durch die Kir­chen­lei­tung lei­der längst zum Still­stand ge­bracht. Ein düs­te­res Bild er­gibt die Tat­sa­che, dass im­mer mehr Gläu­bi­ge — ge­gen ih­re Über­zeu­gung — die­ser Kir­che den Rüc­ken keh­ren und Bi­schof Vi­tus Huon­der bleibt.

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Edwin Wirz, Hinwil

Bischof Vitus Huonder Bischof Vitus Huonder

Bischof Vitus Huonder

Foto: Keystone

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Mehr Ju­rist als Seel­sor­ger.

In letz­ter Zeit fan­den vie­ler­orts Ver­an­stal­tun­gen statt im Zu­sam­men­hang mit der Kon­zils­er­öff­nung vor 50 Jah­ren. Die Kon­zils­vä­ter ha­ben um­fang­rei­che Do­ku­men­te ver­ab­schie­det, die auch heu­te noch weg­wei­sen­den Cha­rak­ter ha­ben. Sie zu in­ter­pre­tie­ren, ist nicht nur buch­sta­ben­ge­treu mög­lich. Zu be­rück­sich­ti­gen ist auch der Geist und die Um­stän­de, in wel­chen sie ver­fasst wor­den sind. Lei­der er­le­ben die TOP Ka­tho­li­ken im Bis­tum Chur ih­ren Ober­hir­ten nicht als Seel­sor­ger, son­dern als Ju­ris­ten. Angst­voll blickt er auf Rom und ist Er­fül­lungs­ge­hil­fe einer stock­kon­ser­va­ti­ven Ku­rie, die ver­sucht, das Rad auf die vor­kon­zi­lia­re Zeit zu­rück­zu­dre­hen. So er­staunt es nicht, dass Bi­schof Vi­tus Huon­der in sei­nem neu­es­ten Hir­ten­brief nur die ju­ris­ti­sche Sicht gel­ten lässt.

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In einem frü­he­ren Schrei­ben rief er den wie­der­ver­hei­ra­te­ten Ge­schie­de­nen in Er­in­ne­rung, dass sie in schwe­rer Sün­de le­ben und vom Em­pfang der Sak­ra­men­te aus­ge­schlos­sen sind. Im neu­es­ten Hir­ten­brief wird die Lis­te der Ver­bo­te wei­ter­ge­führt: Ver­bot der Lai­en­pre­digt, kein Wort­got­tes­dienst am Sonn­tag, kei­ne Dia­lekt­fas­sun­gen li­tur­gi­scher Tex­te oder Pre­dig­ten, nur Ka­tho­li­ken dür­fen kom­mu­ni­zie­ren usw. Hoff­nung er­weckt die Pfar­rei-Ini­tia­ti­ve, un­ter­schrie­ben von Hun­der­ten von Seel­sor­gern und Sym­pa­thi­san­ten. Im Ini­tia­tiv­text hal­ten sie fest, dass die Er­neue­rung der Kir­che wei­ter­geht und sie Gott mehr ge­hor­chen als den Men­schen. Sie kön­nen sich auf den TOP hal­ten, im Wi­der­spruch zu Huon­ders Vor­ga­ben da­ran fest, das Mahl mit den Schwes­tern und Brü­dern an­de­rer christ­li­cher Kir­chen zu fei­ern. So wei­sen vom Kon­zil ge­präg­te Seel­sor­ger je­weils in der Mes­se da­rauf hin, dass der auf­er­stan­de­ne Chris­tus zur Eu­cha­ris­tie ein­la­de. Wer sich von ihm ein­ge­la­den füh­le, sei will­kom­men, auch über die Gren­zen der Kon­fes­sio­nen hin­weg. Die Ver­fas­ser der Pfar­rei-Ini­tia­ti­ve hal­ten, sehr zum Miss­fal­len Huon­ders, in zehn Punk­ten fest, was ih­nen als selbst­ver­ständ­lich er­scheint.

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Am Schluss sei­nes Hir­ten­brie­fes ruft Bi­schof Huon­der in­di­rekt zum De­nun­zi­an­ten­tum auf: Er bil­ligt je­dem Ka­tho­li­ken das Recht zu, «den Diö­ze­san­bi­schof oder den Apo­sto­li­schen Stuhl auf li­tur­gi­sche Miss­stän­de auf­merk­sam zu ma­chen.» Ist das die Hal­tung eines Hir­ten, eines barm­her­zi­gen Sa­ma­ri­ters oder der eines In­qui­si­tors ver­gan­ge­ner Zei­ten?

Dank der Pfar­rei-Ini­tia­ti­ve und einer Rei­he von Pfar­rei­en mit einem re­gen Pfar­rei­le­ben und einem glaub­wür­di­gen Seel­sor­ge­team ge­lingt es, vie­le Ka­tho­li­ken vor Re­sig­na­ti­on und Aus­tritts­ab­sich­ten zu be­wah­ren.

Haymo Empl, Win­ter­thur, Mitglied der
röm.-kath. Sy­no­de des Kantons Zürich

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