Schwei­zer Po­li­ti­ker spio­nie­ren im Netz ih­re Wäh­ler aus

Trans­pa­renz ist alles

TOP

Die mei­sten un­se­re Bun­des­par­la­men­ta­ri­er (Na­tio­nal- und Stän­de­rat) ha­ben eine eige­ne Web­si­te. Sie soll die Bür­ger — und vor al­lem ih­re Wäh­ler — über die Per­son ori­en­tie­ren, die hier für uns Po­li­tik macht. Was will sie? Was sind ih­re Zie­le und Grund­sät­ze? Wo­hin will sie un­ser Land steu­ern? Da­ran ist erst mal nichts aus­zu­set­zen. — Ak­tu­ell ver­zich­ten nur 21 Rä­te auf die­se Mög­lich­keit. Die Grün­de hie­für sind nicht be­kannt.

TOP

Die mei­sten die­ser Po­li­ti­ker las­sen die­se Web­sei­ten von ir­gend­wel­chen Pro­fis her­stel­len und un­ter­hal­ten. Die­se Pro­fis — wie auch al­len­falls Po­li­ti­ker, die es sel­ber ma­chen — ver­wen­den häu­fig Werk­zeu­ge (Pro­gram­me), die die Er­stel­lung und den Un­ter­halt er­leich­tern, in­dem sie ge­wis­se Be­rei­che auto­ma­tisch an­pas­sen. Nicht im­mer hat der Autor al­les un­ter Kon­trol­le, was ihm die­se Werk­zeu­ge al­les ein­broc­ken. Sie of­fe­rie­ren dem Be­sit­zer oft al­le mög­li­chen In­for­ma­tio­nen, z.B. wie­vie­le Be­nut­zer die Sei­te an­ge­klickt ha­ben, auch gan­ze Sta­tis­ti­ken dar­über, wann wie­vie­le Be­nut­zer zu­ge­grif­fen ha­ben, und aus wel­chen La­des­tei­len, etc.. Das al­les wäre an sich noch nicht schlimm. Wir müs­sen so­gar an­neh­men, dass die­se Po­li­ti­ker für uns Bür­ger trans­pa­rent sein wol­len.

TOP

In­trans­pa­ren­te Trans­pa­renz

Eige­ne Erfah­rung

Ir­gend­wann muss­te ich mal fest­stel­len, dass ein un­be­kann­tes Pro­gramm auf mei­nem Com­pu­ter re­gel­mäs­sig auf das In­ter­net zu­greift, auch zu Zei­ten, an de­nen ich gar nicht am Com­pu­ter sass, nichts lief, und trotz­dem al­le 10 Se­kun­den eine kur­ze Ver­bin­dung, die gan­ze Nacht über, so­lan­ge der Com­pu­ter ein­ge­schal­tet war.

TOP

Ich liess mir von mei­nem Rou­ter eine Lis­te al­ler die­ser Ver­bin­dun­gen er­stel­len. Dann ver­suchte ich, zu eru­ie­ren, wem denn die an­ge­ru­fe­nen Ser­ver ge­hö­ren könn­ten. Und sie­he da, al­le auf­ge­führ­ten Ad­res­sen ge­hör­ten zu Ser­vern in den USA, de­ren Be­sit­zer Na­men führ­ten, die ver­däch­tig nach mi­li­tä­ri­schen Stel­len tön­ten.

Ich hat­te mir einen ech­ten Spi­on ein­ge­fan­gen, sehr wahr­schein­lich über einen Web­kon­takt.

Was da­bei völ­lig in­trans­pa­rent bleibt, ist was die­se Pro­gram­me al­les im ver­bor­ge­nen tun. Eine Ana­ly­se des Ta­ges-An­zei­gers hat auf den 225 Web­sei­ten der Bun­des­par­la­men­ta­ri­er 142 sol­che un­sicht­ba­re Pro­gram­me ge­fun­den, die Da­ten über die Sei­ten-Be­su­cher sam­meln und ir­gend­wo­hin lie­fern, mei­stens auf einen Ser­ver in den USA, oft­mals wohl gar auf einen Ser­ver, der un­ter der Kon­trol­le des ame­ri­ka­ni­schen Ge­heim­diens­tes NSA ste­hen.

TOP

Nicht ge­nug da­mit! Ir­gend­wo müs­sen ja die­se Web­sei­ten ge­spei­chert sein, auf einem Ser­ver der je­der­zeit aus dem In­ter­net er­reich­bar ist, al­so nie ab­ge­schal­tet wird. Da­zu ste­hen Ser­ver im In- und Aus­land be­reit. Da kann man die Sei­ten ge­gen ge­rin­ges Ent­gelt spei­chern. Die gün­stig­sten An­ge­bo­te kom­men meist von An­bie­tern, die ih­re Ka­pa­zi­tä­ten auf Ser­vern des NSA mie­ten.

Das heisst, der ame­ri­ka­ni­sche Ge­heim­dienst kriegt die Da­ten frei Haus, so­gar oh­ne ex­tra Auf­wand.

TOP

Politik ist Politik

Da pre­di­gen wir un­sern Kin­dern, vor­sich­tig zu sein bei der In­ter­net-Nut­zung. Aber un­se­re Po­li­ti­ker ge­hen ge­mäss den Re­cher­chen des Ta­ges-An­zei­gers äus­serst sorg­los um da­mit, wo und wie sie uns ih­re In­for­ma­tio­nen prä­sen­tie­ren. Und sie ha­ben of­fen­bar kei­ne Ah­nung, was sie über uns den Ge­heim­dien­sten an­bie­ten.

Und die glei­chen Po­li­ti­ker weh­ren sich ve­he­ment, dass unser eige­ner Geheim­dienst uns über­wa­chen darf. Wo­bei wir ja auch nicht wis­sen, ob un­ser Ge­heim­dienst wirk­lich nur Ter­ror­prä­ven­ti­on ma­chen will. Aber wie­so trau­en die­se Po­li­ti­ker den frem­den Ge­heim­dien­sten bes­ser? Die­se Un­wis­sen­heit oder Sorg­lo­sig­keit be­rei­tet sor­gen.


Bericht über die Analsye des Tages-Anzeigers: