Axpo hat «Ver­tie­fun­gen» im Her­zen von Bez­nau Ⅰ ent­deckt

AKW Beznau

Die Letz­te Schleu­se vor dem Re­ak­tor: Auf dem Bild ist Bez­nau Ⅱ zu se­hen, bau­gleich zu Bez­nau Ⅰ.

Foto Gaëtan Bally (Keystone)

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Über sei­nen Fund hat der Strom­kon­zern die Öf­fent­lich­keit nicht in­for­miert.

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Stefan Häne

Seit bald 900 Ta­gen steht Bez­nau Ⅰ still. Grund für den un­ge­wöhn­lich lan­gen Be­triebs­un­ter­bruch ist ein Fund im Som­mer 2015. Da­mals stiess die Ax­po auf «Un­re­gel­mäs­sig­kei­ten» im Stahl des Re­ak­tor­druck­be­häl­ters, dem Herz­stück der An­la­ge — dort, wo die nuk­lea­re Ket­ten­re­ak­ti­on ab­läuft. Laut Ax­po han­delt es sich um Alu­mi­ni­um­oxid­ein­schlüs­se, um feh­ler­haf­te Ma­te­ri­al­stel­len al­so mit einer Grös­se von we­ni­gen Mil­li­me­tern; Kri­ti­ker spre­chen TOP von Schwach­stel­len.

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Seine Ent­dec­kung teil­te der Strom­kon­zern, der den Nord­ost­schwei­zer Kan­to­nen ge­hört, im Ju­li 2015 der Öf­fent­lich­keit mit. Un­er­wähnt liess er da­ge­gen einen zwei­ten Be­fund im Re­ak­tor­druck­be­häl­ter. In des­sen Stahl­plat­tie­rung hat­ten Ax­po-Ex­per­ten wäh­rend der seit März 2015 lau­fen­den Re­vi­si­ons­ar­bei­ten «ein­zel­ne, ge­ring­fü­gi­ge Ver­tie­fun­gen» re­gi­striert, wie die Ax­po auf An­fra­ge be­stä­tigt. Von Krat­zern oder Ker­ben will sie nicht spre­chen.

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Axpo hat­te an­de­ren «Fo­kus»

Dass sich der Strom­kon­zern in der Öf­fent­lich­keit über die «Ver­tie­fun­gen» aus­ge­schwie­gen hat, be­grün­det Spre­cher An­to­nio Som­ma­vil­la mit den be­son­de­ren Um­stän­den, die da­mals ge­herrscht hät­ten: «Un­ser Fo­kus lag pri­mär auf der Kom­mu­ni­ka­ti­on im Zu­sam­men­hang mit den Alu­mi­ni­um­oxid­ein­schlüs­sen.» Die Um­welt­or­ga­ni­sa­ti­on Green­peace ver­mag die­se Er­klä­rung nicht zu über­zeu­gen: Seit 2015 wür­den Fak­ten ver­heim­licht und Pro­ble­me ver­harm­lost, sagt Atom­ex­per­te Flo­ri­an Kas­ser. Im Bez­nau-Dos­si­er ha­be die Ax­po jeg­li­che Glaub­wür­dig­keit ver­lo­ren.

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Der Strom­kon­zern be­strei­tet dies. Er ver­si­chert, er sei mit­nich­ten un­tä­tig ge­blie­ben. Sämt­li­che Auf­fäl­lig­kei­ten sei­en un­ter­sucht und be­wer­tet wor­den. «Auf die Funk­ti­on be­zie­hungs­wei­se die In­te­gri­tät des Re­ak­tor­druck­be­häl­ters ha­ben die Ver­tie­fun­gen kei­ne Aus­wir­kun­gen», re­sü­miert die Ax­po. In si­cher­heits­tech­ni­scher Hin­sicht sei­en sie «nicht re­le­vant». Zu­sätz­li­che Un­ter­su­chun­gen zei­gen laut der Ax­po: Selbst wenn die Plat­tie­rung der In­nen­wand gänz­lich feh­len wür­de, wä­re die In­te­gri­tät des Re­ak­tor­druck­be­häl­ters nicht be­ein­träch­tigt. Green­peace-Ex­per­te Kas­ser sagt da­zu, es hän­ge vom Aus­mass des Scha­dens ab, wie gross das Ri­si­ko sei. Die vier bis fünf Mil­li­me­ter dic­ke Plat­tie­rung stel­le einen wich­ti­gen Schutz ge­gen die Kor­ro­si­on der Stahl­wand dar. «Be­schä­di­gun­gen sind pro­ble­ma­tisch, weil sie das Ri­si­ko einer Ab­nut­zung der Stahl­wand er­hö­hen.»

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Atom­auf­sicht sieht kein Ri­si­ko

Die Atom­auf­sicht des Bun­des (ENSI) hat Kennt­nis vom Fall. Die Un­ter­su­chung der Ax­po hat sie eige­nen An­ga­ben ge­mäss be­gut­ach­tet und ak­zep­tiert. Die Be­fun­de hat sie als Vor­komm­nis be­wer­tet, und zwar auf Stu­fe 0 der Be­wer­tungs­ska­la für nuk­le­are und ra­dio­lo­gi­sche Er­eig­nis­se (INES), al­so der tiefst­mög­li­chen. Die Ver­tie­fun­gen sind nach Dar­stel­lung des ENSI nichts Aus­ser­ge­wöhn­li­ches und wa­ren schon vor 2015 be­kannt. Dank ver­bes­ser­ter Mess­tech­nik ha­be sie die Bez­nau-Be­trei­be­rin 2015 aber erst­mals ge­nau­er aus­mes­sen kön­nen. Zum Vor­schein ge­kom­men sei­en drei be­wer­tungs­pflich­ti­ge Be­fun­de, de­ren Tie­fe et­wa die hal­be Dic­ke der Plat­tie­rung be­tra­ge. Die Ver­tie­fun­gen, re­sü­miert TOP das ENSI, stell­ten «kei­ne Be­ein­träch­ti­gung für den si­che­ren Be­trieb des Re­ak­tor­druck­be­häl­ters» dar. Die Ur­sa­che da­für lie­ge meist in der Her­stel­lung — eine Ana­ly­se, wel­che die Ax­po teilt.

Die Ax­po rech­net da­mit, Bez­nau Ⅰ am 31. Ok­to­ber wie­der hoch­fah­ren zu kön­nen. Im No­vem­ber letz­ten Jah­res hat sie eige­nen An­ga­ben ge­mäss den Nach­weis er­bracht, dass die Si­cher­heit der An­la­ge ge­währ­lei­stet sei. Das ENSI hat die Prü­fung die­ses so­ge­nann­ten Sa­fe­ty Ca­se bis heu­te nicht ab­ge­schlos­sen.

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