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Constanin Seibt

Kommentar Constan­tin Seibt, Re­por­ter, über die Über­nah­me der BaZ durch die Fa­mi­lie Blo­cher.

 


Die Blochers, unsere Oligarchen
 

Es klingt wie eine Ge­schich­te aus der frü­he­ren Sow­jet­union. Ein Ex-Jus­tiz­mi­nis­ter, Par­tei­chef und Mil­liar­där über­nimmt im Ge­hei­men eine Zei­tung. Als Chef­re­dak­tor ins­tal­liert er sei­nen Bio­gra­fen. Als Be­sit­zer schiebt er in der Öf­fent­lich­keit einen Luft­fahrt­un­ter­neh­mer vor. Den Ban­ken ge­gen­über wird der Ex-Boss einer Gross­bank prä­sen­tiert. Und als sei­ne Tar­nung auf­fliegt, ist plötz­lich sei­ne ge­schäft­lich un­er­fah­re­ne Toch­ter die Be­sit­ze­rin.

Es ist aber eine Ge­schich­te von hier und heu­te. Ab so­fort heisst die Be­sit­ze­rin der «Bas­ler Zei­tung» of­fi­ziell Ra­hel Blo­cher, Toch­ter des SVP-Chef­ideo­lo­gen Chris­toph Blo­cher. Vor dem Pub­li­kum hat­te Mo­ritz Su­ter für sie Ver­le­ger ge­spielt; den Ban­ken ge­gen­über hat­te man Mar­cel Os­pel vor­ge­scho­ben. Of­fen­sicht­lich hiel­ten die Blo­chers Herrn Os­pel, der die UBS und da­mit die Schwei­zer Wirt­schaft fast in den Ruin ge­ris­sen hat­te, für ver­trau­ens­wür­di­ger als sich selbst.

Das zu Recht. Sel­ten hat ein Po­li­ti­ker so fron­tal ge­lo­gen wie Chris­toph Blo­cher. Im «Blick» sag­te er zur «Bas­ler Zei­tung»: «Ich bin nicht be­tei­ligt.» Und schrieb der «NZZ am Sonn­tag» in Gross­buch­sta­ben: «NEIN». Und wie­der­hol­te auf Te­le Blo­cher: «Ich ste­he nicht da­hin­ter, fi­nan­ziell, di­rekt oder in­di­rekt.»

Warum tat Blo­cher das? Lü­gen, Heu­che­lei, das Bünd­nis mit Os­pel? Es ist of­fen­sicht­lich Gier. Die Par­tei hat er im Griff. Selbst nach den jüngs­ten Nie­der­la­gen wag­te kaum einer mehr als einen Hus­ter.

Wie gie­rig Blo­cher auf noch mehr Macht und Kon­trol­le ist, zeigt das mi­se­rab­le Ge­schäft, das Blo­chers Fa­mi­lien­un­ter­neh­men Rob­in­vest mit der Zei­tung mach­te: Va­ter und Toch­ter war­fen rund 70 Mil­lio­nen für einen Ver­lag mit 100 Mil­lio­nen Schul­den auf. Bei der Buch­prü­fung spiel­te so­gar ein 30-Mil­lio­nen-Loch in der Pen­sions­kas­se kei­ne Rol­le.

Ein Feh­ler, den sich nur ein Mil­liar­där leis­ten kann. Doch die Ver­su­chung, einen Chef­re­dak­tor wie Mar­kus Somm und vor­aus­sicht­lich einen Ver­lags­chef wie Fi­lip­po Leu­ten­eg­ger zu be­sit­zen, zwei lang er­prob­te An­hän­ger, sind der Fa­mi­lie Dut­zen­de Mil­lio­nen wert. Die Schweiz hat mit den Blo­chers nun eine ech­te Oli­gar­chen­fa­mi­lie: kom­plett mit eige­nem Schloss, Par­tei, Fir­men, Fab­ri­ken und Zei­tun­gen.



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