Wirtschaft

Genf be­fürch­tet oh­ne Hol­dings Aus­fäl­le TOP in Mil­li­ar­den­hö­he

Wäh­rend die Ver­hand­lun­gen mit der EU noch lau­fen, be­rei­tet sich der Kan­ton Genf schon auf die ab­seh­ba­re Ab­schaf­fung der steu­er­li­chen Son­der­be­hand­lung von Hol­ding-Ge­sell­schaf­ten vor. Das Ver­schwin­den die­ser Ge­sell­schaf­ten hät­te für die Gen­fer Wirt­schaft einen Ver­lust von 3,7 Mil­li­ar­den Fran­ken zur Fol­ge, warn­te die Re­gie­rung ges­tern.

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Wie Genf sei­ne Roh­stoff­fir­men bei gu­ter Lau­ne hal­ten will

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Von Rita Flubacher

Die Steu­er­pri­vi­le­gi­en für aus­län­di­sche Fir­men sind be­droht. Nun plant auch Genf, die Ge­winn­steu­ern für al­le Ge­sell­schaf­ten zu sen­ken.

Welche Vor­tei­le brin­gen Roh­stoff­han­dels­fir­men wie Vi­tol, So­car, Glen­core oder Tra­fi­gu­ra je­nen Kan­to­nen, die sie mit Steu­er­ge­schen­ken an­ge­lockt ha­ben? Der Kan­ton Genf, der zu­sam­men mit Zug am meis­ten sol­che Ge­sell­schaf­ten be­her­bergt, hat am Don­ners­tag neue Zah­len prä­sen­tiert. TOP Dem­nach wei­sen die 945 steu­er­pri­vi­le­gier­ten Fir­men so­wie wei­te­re 136 Un­ter­neh­men, die mit ih­nen ver­bun­den sind, knapp 20'000 Voll­zeit­stel­len aus oder rund 8 Pro­zent der kan­to­na­len Be­schäf­ti­gung. Sie tra­gen 4 Mil­li­ar­den Fran­ken zur Wert­schöp­fung bei. Die Steu­er­ein­nah­men be­lau­fen sich auf über eine Mil­li­ar­de Fran­ken. Da­von ent­fal­len 576 Mil­lio­nen Fran­ken auf die Fir­men, was einem An­teil von 35 Pro­zent an den kan­to­na­len Un­ter­neh­mens­steu­ern ent­spricht.

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Wer­den auch die in­di­rek­ten Aus­wir­kun­gen mit­ein­be­zo­gen (Wirt­schafts­sek­to­ren, die in­di­rekt pro­fi­tie­ren), steigt die Zahl der Be­schäf­tig­ten auf 50'000 Voll­zeit­stel­len und die Wert­schöp­fung auf 10 Mil­li­ar­den Fran­ken. Das zur Uni Lau­san­ne ge­hö­ren­de Wirt­schafts­for­schungs­in­sti­tut Crea, das die Be­rech­nun­gen im Auf­trag der Gen­fer Re­gie­rung ge­macht hat, be­tont, dass die tat­säch­li­chen Wer­te noch hö­her sein dürf­ten.

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Ver­las­se auch nur ein grös­se­rer Play­er Genf, dann sei das für den Kan­ton ein «öko­no­mi­scher Schock», warn­te die Gen­fer Re­gie­rung am Don­ners­tag. Das Warn­sig­nal rich­tet sich un­über­hör­bar an Bern, das mit Brüs­sel über die Be­steue­rung von Mul­tis und die von der EU stark kri­ti­sier­ten Steu­er­pri­vi­le­gi­en von Hol­dings, ge­misch­ten Ge­sell­schaf­ten und Do­mi­zil­ge­sell­schaf­ten ver­han­delt.

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Wie fra­gil die Si­tua­ti­on für die be­trof­fe­nen Schwei­zer Kan­to­ne ist, mach­te die War­nung von Vi­tol-Top­ma­na­ger Da­vid Fran­sen klar. Am 18. Sep­tem­ber sag­te er an­läss­lich einer Fir­men­prä­sen­ta­ti­on in Genf, er sor­ge sich um die Zu­kunft in der Schweiz. Da­bei nann­te er ex­pli­zit die Ge­fahr von hö­he­ren Steu­ern und einer stär­ke­ren Re­gu­lie­rung des Roh­stoff­sek­tors. An­de­re Staa­ten wür­den sei­ne Fir­ma «ak­tiv» um­wer­ben.

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Ir­land als Mass al­ler Din­ge

Um wel­che Sum­men es auf na­tio­na­ler Ebe­ne geht, zei­gen An­ga­ben der Eid­ge­nös­si­schen Steu­er­ver­wal­tung zum Rein­ge­winn, den steu­er­pri­vi­le­gier­te Ge­sell­schaf­ten in der Schweiz de­kla­rie­ren. 2009 wa­ren es 62,152 Mil­li­ar­den Fran­ken, auf de­nen der Bund eine di­rek­te Bun­des­steu­er von 3,8 Mil­li­ar­den Fran­ken kas­sier­te. Das ist fast die Hälf­te der Bun­des­steu­er von 7,7 Mil­li­ar­den Fran­ken, die der Bund auf den Rein­ge­win­nen al­ler Ge­sell­schaf­ten, al­so auch der nicht steu­er­pri­vi­le­gier­ten, 2009 ein­trieb. Nicht be­rück­sich­tigt sind Be­tei­li­gungs­ge­win­ne, die laut ver­füg­ba­ren Zah­len von 2008 rund 195 Mil­li­ar­den Fran­ken aus­mach­ten und we­der vom Bund noch von den Kan­to­nen be­steu­ert wer­den.

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Um Roh­stoff­ma­na­ger wie Da­vid Fran­sen nicht auf dum­me Ge­dan­ken zu brin­gen, will Genf die ef­fek­ti­ve Gewinn­steu­er­be­las­tung (Bun­des-, Kan­tons- und Ge­mein­de­steu­ern) von der­zeit 24 Pro­zent dras­tisch sen­ken. Und zwar nicht auf 15 Pro­zent, wie der Gen­fer Fi­nanz­mi­nis­ter Da­vid Hi­ler kürz­lich noch an­ge­kün­digt hat, son­dern gleich auf 13 Pro­zent. Die Re­gie­rung will den An­schluss an an­de­re Kan­to­ne nicht ver­lie­ren, wel­che die ef­fek­ti­ve Ge­winn­be­steue­rung be­reits heu­te auf Sät­ze un­ter 15 Pro­zent ge­drückt ha­ben. Da­zu ge­hö­ren Lu­zern, Gla­rus und Zug.

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Wer macht den nächs­ten Dreh nach un­ten an der Steu­er­schrau­be? Nie­mand mehr, wenns um die Gen­fer Re­gie­rung gin­ge: Es sol­le den Kan­to­nen ver­bo­ten wer­den, die EU-Un­ter­gren­ze von 12,5 Pro­zent zu un­ter­schrei­ten, die der­zeit von Ir­land of­fe­riert wird, heisst es im For­de­rungs­ka­ta­log der Gen­fer.

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Ob die 13 Pro­zent im Kan­ton Genf ge­schluckt wer­den, ist of­fen. Ge­mäss Steu­er­ver­wal­tung ent­steht durch die Satz­re­duk­tion ein Loch von 457 Mil­lio­nen Fran­ken. Das nach An­sicht der Re­gie­rung teil­wei­se durch Bern kom­pen­siert wer­den muss.

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Steuer­aus­fäl­le mit Konflikt­poten­zial

Ursula Gut

Zürich: FDP-Finanz­direk­torin Ursula Gut will Gewinn­steu­ern hal­bie­ren.

Eva Herzog

Basel-Stadt: SP-Regierungs­rätin Eva Her­zog er­war­tet Steu­er­aus­fäl­le von 350 Mil­lio­nen.

Fotos: Keystone
Ursula Gut
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Zürich: FDP-Finanz­direk­torin Ursula Gut will Gewinn­steu­ern hal­bie­ren.

Foto: Keystone

Eva Herzog
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Basel-Stadt: SP-Regierungs­rätin Eva Her­zog er­war­tet Steu­er­aus­fäl­le von 350 Mil­lio­nen.

Foto: Keystone

Schlüssel­kan­to­ne dis­ku­tie­ren ra­di­ka­le Steu­er­sen­kun­gen für Un­ter­neh­men. Die­se sind die di­rek­te Fol­ge des Streits der Schweiz mit der EU um die Ab­schaf­fung von Steu­er­pri­vi­le­gi­en — mit Fol­gen für al­le Kan­to­ne.

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Von And­re­as Val­da, Bern

Es han­delt sich bis jetzt nur um Plan­spie­le. Aber am Ho­ri­zont braut sich ein Don­ner­wet­ter zu­sam­men. Es geht um die Fra­ge, wie ra­di­kal Zü­rich, Genf, Ba­sel und Waadt ih­re Fir­men­steu­ern für Schwei­zer Un­ter­neh­men sen­ken müs­sen, um die von der EU kri­ti­sier­ten Steu­er­pri­vi­le­gi­en für ge­wis­se Un­ter­neh­men auf­he­ben zu kön­nen. Es geht al­so um die Fra­ge, wie viel Steu­er­aus­fäl­le trag­bar sind und wer die Ze­che be­zahlt.

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Lan­ge hiel­ten sich die Kan­to­ne be­deckt. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Letz­ten Don­ners­tag prä­sen­tier­te Genf eine um­fas­sen­de Stu­die über Plä­ne und Fol­gen einer ra­di­ka­len Steu­er­sen­kung (TA vom Frei­tag). Die Aus­fäl­le wur­den vom Gen­fer Fi­nanz­di­rek­tor Da­vid Hi­ler auf rund 450 Mil­lio­nen Fran­ken ver­an­schlagt. Ges­tern liess die Zür­cher Fi­nanz­di­rek­to­rin Ur­su­la Gut über die NZZ ver­lau­ten, dass dem Kan­ton Zü­rich eine star­ke Steu­er­sen­kung be­vor­ste­he mit Aus­fäl­len von rund 850 TOP Mil­lio­nen Fran­ken. Und schliess­lich prä­zi­sier­te die Fi­nanz­di­rek­to­rin des Kan­tons Ba­sel-Stadt, Eva Her­zog, ges­tern auf An­fra­ge, wel­che Aus­fäl­le sie «mo­del­liert»: Bei einer ver­gleich­ba­ren Sen­kung der Ge­winn­steu­er­be­las­tung wie in Genf und Zü­rich rech­net der Kan­ton mit Aus­fäl­len von rund 350 Mil­lio­nen Fran­ken. Jetzt fehlt nur noch die Klä­rung des Waadt­lands. Der Waadt­län­der Fi­nanz­di­rek­tor Pas­cal Brou­lis wol­le sich mo­men­tan nicht da­zu äus­sern, sag­te eine Spre­che­rin.

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Auch oh­ne die Waadt ist die Sum­me der po­ten­ziel­len Steu­er­aus­fäl­le mit rund 1,65 Mil­li­ar­den Fran­ken be­acht­lich. Ver­sucht man den Aus­fall der Waadt zu schät­zen, mit einer Sen­kung von heu­te 23 auf 15 Pro­zent, von der rund 29'000 or­dent­lich be­steu­er­te Fir­men pro­fi­tie­ren wür­den, so kä­me man auf wei­te­re rund 300 bis 400 Mil­lio­nen Fran­ken.

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Sum­ma sum­ma­rum dürf­te die vom Bund vor vier Wo­chen ein­ge­setz­te Ar­beits­grup­pe zur Un­ter­neh­men­steu­er­re­form über einen po­ten­zi­el­len Steu­er­aus­fall von 2 Mil­li­ar­den dis­ku­tie­ren.

Statistik
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Meh­re­re Va­ri­an­ten im Spiel

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Die vier Kan­to­ne ha­ben klar­ge­macht, dass sie sol­che Steu­er­sen­kun­gen — wel­che die Ge­sprä­che mit der EU ent­eisen wür­den — nur ver­an­las­sen, wenn der Bund und die üb­ri­gen Kan­to­ne ih­nen sub­stan­zi­ell ent­ge­gen­kom­men. Ge­mes­sen an den heu­ti­gen jähr­li­chen Aus­gleichs­zah­lun­gen der Kan­to­ne von 4,7 Mil­li­ar­den Fran­ken im na­tio­na­len Fi­nanz­aus­gleich, wä­ren die Fol­gen für eini­ge Kan­to­ne be­trächt­lich, et­wa für Bern, das al­lein 1,2 Mil­li­ar­den Fran­ken dar­aus be­zieht. Für die­sen und die üb­ri­gen 16 Neh­mer­kan­to­ne wür­den sich die Zu­schüs­se dras­tisch re­du­zie­ren. Des­halb ste­hen seit Don­ners­tag ver­schie­de­ne Kom­pen­sa­ti­ons­mass­nah­men zur Dis­kus­si­on:

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Ur­su­la Gut (FDP) will Ge­winn­steu­er hal­bie­ren

Zür­cher Fi­nanz­di­rek­to­rin über­rascht Freund und Feind

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Patrick Kühnis

Lie­ber so lan­ge an den Steu­er­pri­vi­le­gi­en für Hol­dings he­rum­schrau­ben, bis sie der EU pas­sen, statt die Un­ter­neh­mens­steu­ern ge­ne­rell zu sen­ken: Das war bis­her die Hal­tung der Zür­cher Re­gie­rung im Steu­er­streit. Doch die­se ist seit ges­tern Ge­schich­te: Fi­nanz­di­rek­to­rin Ur­su­la Gut (FDP) presch­te mit dem Plan vor, die Ge­winn­steu­er­sät­ze fak­tisch zu hal­bie­ren, wenn die Son­der­kon­di­tio­nen für Spe­zi­al­ge­sell­schaf­ten fal­len — von heu­te rund 27 auf 14 bis 16 Pro­zent.

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Im Visier der EU

Um­strit­te­ne Steu­er­pri­vi­le­gi­en

(val)

Die EU ver­langt von der Schweiz die Auf­he­bung «schäd­li­cher Steu­er­prak­ti­ken». Da­zu zählt sie die hier­zu­lan­de se­lek­tiv ge­hand­hab­te Be­steue­rung von Un­ter­neh­mens­ge­win­nen: Im Aus­land an­fal­len­de wer­den tie­fer oder gar nicht be­steu­ert, wäh­rend in­län­di­sche zum or­dent­li­chen Satz be­steu­ert sind. So kann es sein, dass eine Fir­ma mit Sitz in Ba­sel im In­land er­ziel­te Ge­win­ne zum Satz von 28,5 Pro­zent ver­steu­ert, wäh­rend sie die im Aus­land er­ziel­ten zu einer tie­fen zwei­stel­li­gen Pro­zent­zahl be­steu­ert er­hält.

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Die Lö­sung der Schweiz wä­re nun, die in­län­di­schen, or­dent­li­chen Steu­er­sät­ze auf das Ni­veau der steu­er­pri­vi­le­gier­ten Fir­men zu sen­ken. Da­mit wür­den Steu­er­pri­vi­le­gi­en fast ver­schwin­den. Im Vi­sier der EU ste­hen Hol­ding­ge­sell­schaf­ten. Sie be­tei­li­gen sich an aus­län­di­schen Fir­men, oh­ne im In­land tä­tig zu sein. Um­strit­ten sind auch ge­misch­te Ge­sell­schaf­ten, die Be­tei­li­gun­gen ver­wal­ten und in der Schweiz pro­du­zie­ren, for­schen, ent­wic­keln oder Diens­te er­brin­gen, aber «über­wie­gend aus­land­orien­tiert» sind. Und strit­tig sind Do­mi­zil­ge­sell­schaf­ten, auch Brief­kas­ten­fir­men ge­nannt.

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Die Fi­nanz­di­rek­to­rin agiert bis­her oh­ne Rüc­ken­dec­kung der Ge­samt­re­gie­rung, wenn sie für 2013 eine ent­spre­chen­de Vor­la­ge in Aus­sicht stellt. Laut Gut han­delt es sich erst um ih­re «per­sön­li­che Ein­schät­zung», bei der sie aber mit den Fi­nanz­di­rek­to­ren der an­de­ren Zen­trums­kan­to­ne über­ein­stim­me. Für sie ist es un­um­gäng­lich, dass in Zü­rich die Ge­winn­steu­ern für al­le Fir­men sin­ken, wenn die Steu­er­pri­vi­le­gi­en für Hol­dings, Do­mi­zil- und ge­misch­te Ge­sell­schaf­ten eli­mi­niert wer­den. «Wir müs­sen uns dem Steu­er­wett­be­werb stel­len, da­mit un­se­re Fir­men nicht in an­de­re Kan­to­ne oder ins Aus­land ab­wan­dern.»

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Das hat sei­nen Preis: Gut rech­net mit jähr­li­chen Steu­er­aus­fäl­len von 850 Mil­lio­nen Fran­ken für Kan­ton und Ge­mein­den. Al­lein der Stadt Zü­rich droht ein Loch von 350 Mil­lio­nen. Gut hat die Stadt be­reits in­for­miert: «Fi­nanz­vor­ste­her Vol­len­wy­der kennt mei­ne Über­le­gun­gen». Die­ser hält sich noch be­deckt. Das Steu­er­amt und er bräuch­ten Zeit, um Guts Zah­len zu «ana­ly­sie­ren», lässt er aus­rich­ten.

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Gut sieht den Bund in der Pflicht

Für die Re­gie­rungs­rä­tin steht der Bund in der Pflicht, die dras­ti­schen fi­nan­zi­el­len Fol­gen der Steu­er­sen­kung ab­zu­fe­dern. «Wir Zen­trums­kan­to­ne be­har­ren auf Kom­pen­sa­ti­ons­leis­tun­gen. Der Bund wird ein­se­hen, dass die Zen­tren nicht so ge­schwächt wer­den dür­fen. Denn ih­nen ver­dankt das Land viel In­no­va­ti­on und wirt­schaft­li­chen Wohl­stand.»

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Wirt­schafts­ver­bän­de und bür­ger­li­che Par­tei­en sind über­rascht, dass Zü­rich so rasch dem Gen­fer Bei­spiel folgt. Die Di­rek­to­rin der Zür­cher Han­dels­kam­mer, Re­gi­ne Sau­ter (FDP), be­grüsst die Stra­te­gie ih­rer Par­tei­kol­le­gin. «Der Steu­er­wett­be­werb ist Tat­sa­che.» Für den Ge­schäfts­füh­rer des Ge­wer­be­ver­bands Mar­tin Ar­nold (SVP) zeugt Guts An­kün­di­gung von «vor­aus­schau­en­der Po­li­tik». Sel­ten sei er über Plä­ne aus der Fi­nanz­di­rek­ti­on so er­freut ge­we­sen. Ganz an­ders tönt es beim grü­nen TOP Fi­nanz­spe­zia­lis­ten Ralf Mar­grei­ter: «Ur­su­la Gut be­nützt den Steu­er­streit mit der EU als He­bel, um als Ge­hil­fin von Eco­no­mie­suis­se tie­fe­re Un­ter­neh­mens­steu­ern durch­zu­bo­xen.» Guts Po­si­ti­on sei auch we­nig über­zeu­gend, weil sie kei­ne Zah­len zum Steu­er­auf­kom­men der Hol­dings lie­fe­re. «Wenn es we­ni­ger als 850 Mil­lio­nen sind, ist es doch ge­schei­ter, de­ren Pri­vi­le­gi­en er­satz­los zu strei­chen, als Steu­er­ge­schen­ke an al­le Fir­men zu ver­tei­len.»

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Gut weist die Vor­wür­fe zu­rück: «Hier geht es um Real-, nicht Klien­tel­po­li­tik. Es ist auch kein Schnell­schuss. Wir kom­men nicht da­rum her­um, auf die neue Si­tua­ti­on zu re­agie­ren.»

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«Die Steuer­reform ist eine Riesen­ki­ste»

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Mit Eva Her­zog sprach And­reas Val­da in Ba­sel

Die Basler Fi­nanz­di­rek­to­rin Eva Her­zog sagt, im Steu­er­streit mit der EU droh­ten der Schweiz Ver­lus­te in Mil­liar­den­hö­he, falls sie sich nicht be­we­ge und die Kan­to­ne sich nicht einig­ten. Eine ra­di­ka­le Sen­kung der Un­ter­neh­mens­steu­ern sei aber TOP ver­meid­bar.

Eva Herzog

Eva Her­zog: «In­nen­po­li­tisch eine Lö­sung zu fin­den, ist nicht ein­fa­cher als mit der EU.»

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Foto: Her­bert Zim­mer­mann

Eva Herzog

Bas­ler Finanzdirektorin

Eva Her­zog (SP) ist seit 2005 Fi­nanz­di­rek­torin des Kan­tons Ba­sel-Stadt. Sie sitzt im Vor­stand der Fi­nanz­di­rek­to­ren­kon­fe­renz und ist Mit­glied des po­li­ti­schen Steue­rungs­or­gans der Ar­beits­grup­pe TOP Un­ter­neh­men­steu­er­re­form Ⅲ.

Zürich, Genf und Ba­sel ha­ben eine ra­di­ka­le Sen­kung der Ge­winn­steu­ern zur Dis­kus­sion ge­stellt. Da­mit könn­te eine Lö­sung im Steu­er­streit mit der EU er­zielt wer­den. Die da­raus re­sul­tie­ren­den Steu­er­aus­fäl­le von rund 2 Mil­li­ar­den Fran­ken schoc­kie­ren aber.

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Das ist nicht ganz kor­rekt. Nur Genf hat Plä­ne zu einer mög­li­chen Sen­kung der kan­to­na­len Ge­winn­steu­ern prä­sen­tiert, ge­kop­pelt mit For­de­run­gen an den Bund, die dro­hen­den Aus­fäl­le zu kom­pen­sie­ren. Wir in Ba­sel und Zü­rich ge­hen nicht so weit. Wir be­fas­sen uns nur mit mög­li­chen Sze­na­ri­en, um die Fol­ge­kos­ten ab­zu­schät­zen. Gut da­ran ist, dass die Di­men­si­on des Pro­blems jetzt einer brei­te­ren Öf­fent­lich­keit be­wusst ge­wor­den ist. Die Lö­sung aber liegt noch über­haupt nicht vor.

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Wie un­aus­weich­lich sind kan­to­na­le Steu­er­sen­kun­gen im Steu­er­streit?

Sie sind nicht un­aus­weich­lich. Wir ste­hen am An­fang einer Dis­kus­sion zwi­schen den be­trof­fe­nen Kan­to­nen, dem Bund und den nicht be­trof­fe­nen Kan­to­nen. Ich hät­te es be­grüsst, so vor­zu­ge­hen, wie es ge­plant war: In der ein­ge­setz­ten Ar­beits­grup­pe des Bun­des und der Kan­to­ne eine Lö­sung aus­zu­ar­bei­ten und ein rei­fes Pro­jekt vor­zu­stel­len. Was jetzt de­bat­tiert wird, sind nicht ko­hä­ren­te Kon­zep­te.

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Die EU setzt Druck auf. Die Schweiz soll bis Mit­te No­vem­ber eine Lö­sung vor­stel­len, da­mit der EU-Mi­nis­ter­rat die­se im De­zem­ber be­ur­tei­len kann. Ein gan­zes Jahr am Pro­jekt her­um­zu­dok­tern, geht al­so nicht.

So ist es nicht. Die EU hat schon meh­re­re Ul­ti­ma­ten ge­setzt. Zu­letzt prä­sen­tier­te die Schweiz im Ju­li ein Dia­log-Man­dat. Jetzt wur­de eine Ar­beits­grup­pe ein­ge­setzt. Be­rich­te wer­den ein­ge­holt. Die EU weiss ge­nau, dass sie nicht von heu­te auf mor­gen eine fer­ti­ge Lö­sung ver­lan­gen kann.

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Der grü­ne Gen­fer Fi­nanz­di­rek­tor Da­vid Hi­ler stiess vor acht Ta­gen die De­bat­te an: Ent­we­der man sen­ke die nor­ma­len Ge­winn­steu­ern ra­di­kal. Oder man er­hö­he den Steu­er­satz für bis­her pri­vi­le­gier­te Fir­men auf das Nor­mal­ni­veau. Dann aber wür­den steu­er­pri­vi­le­gier­te Fir­men der Schweiz wohl den Rüc­ken zu­keh­ren, sag­te Hi­ler. Der Scha­den wä­re rie­sig.

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Wir tun jetzt so, als ob es in der Schweiz nur steu­er­pri­vi­le­gier­te Fir­men gä­be. Die Gen­fer Stu­die ist zwar nütz­lich. Sie zeigt die Be­deu­tung die­ser Un­ter­neh­men am Stand­ort Genf auf. Un­güns­tig ist aber, dass aus Hi­lers Vor­schlä­gen nur die Sen­kung des kan­to­na­len Steu­er­sat­zes Auf­merk­sam­keit er­regt hat. Oh­ne wei­te­re Mass­nah­men hät­te dies Aus­fäl­le von 450 Mil­lio­nen Fran­ken al­lei­ne für Genf zur Fol­ge. So sieht kei­ne Lö­sung aus.

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Wa­rum ist der Steu­er­satz der steu­er­pri­vi­le­gier­ten Fir­men das Mass, auf das die or­dent­li­chen Ge­winn­steu­ern ge­senkt wer­den soll­ten?

Eine gu­te Fra­ge. Die Schweiz muss ih­re or­dent­li­che Ge­winn­be­steue­rung über­haupt nicht auf die­ses Ni­veau sen­ken. Wir soll­ten uns nicht nur an Ir­land oder Sin­ga­pur ori­en­tie­ren, son­dern auch an den um­lie­gen­den Län­dern wie Deutsch­land oder Frank­reich. Wir sind schon heu­te kon­kur­renz­fä­hig. Die Schweiz hat eine ge­ne­rel­le Steu­er­sen­kung TOP nicht nö­tig. Und Steu­er­pri­vi­le­gi­en gibt es auch in EU-Län­dern. Wir soll­ten uns des­halb eine neue Art von pri­vi­le­gier­ter Be­steue­rung aus­den­ken, wie sie dort vor­kommt. Die Schweiz bie­tet eine gross­ar­ti­ge In­fra­struk­tur im Ver­kehr, in der Bil­dung und po­li­ti­sche und so­zia­le Si­cher­heit. Das al­les muss fi­nan­ziert wer­den.

Staats­auf­gaben ha­ben ih­ren Preis …

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Ja. Darüber hat das Schwei­zer Volk im­mer wie­der ab­ge­stimmt. Auch da­für wer­den wir von steu­er­pri­vi­le­gier­ten Fir­men ge­schätzt.

Wenn wir so ge­schätzt wer­den: Wa­rum wagt Ba­sel nicht, die Ge­win­ne von Phar­ma und Che­mie nor­mal zu be­steu­ern?

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Wir sind kein Stand­ort für Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten. Un­se­re steu­er­pri­vi­le­gier­ten Ge­sell­schaf­ten sind nicht vom Aus­land her­ge­zo­gen, wie dies in an­de­ren Kan­to­nen der Fall ist. Sie sind his­to­risch ge­wach­sen. Aber heu­te ver­gleicht auch ein Ver­wal­tungs­rat in Ba­sel die Steu­er­do­mi­zi­le. Wenn un­se­re gros­sen Fir­men nun dop­pelt so ho­he Steu­ern zah­len müss­ten, als dies heu­te der Fall ist, wür­den sie ih­re Haupt­tä­tig­keit ver­la­gern. Das gin­ge zu­las­ten des Stand­orts.

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Auch Ba­sel kann es sich nicht leis­ten, steu­er­pri­vi­le­gier­te Fir­men deut­lich hö­her zu be­steu­ern.

Nein, das kön­nen wir uns nicht leis­ten. Sich nicht zu be­we­gen in die­ser La­ge, wä­re fa­tal.

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Wie wich­tig sind steu­er­pri­vi­le­gier­te Fir­men für die Schweiz?

Sie sind sehr wich­tig. Al­lei­ne beim Bund mach­ten ih­re Ge­winn­steu­ern 2009 3,8 der 7,8 Mil­li­ar­den Fran­ken aus.

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Das heisst: Soll­te ein Teil die­ser Fir­men ab­wan­dern, ris­kiert die Schweiz ih­ren Wohl­stand?

Sie wür­de si­cher einen Teil des Wohl­stands ris­kie­ren. Das Pro­blem ist ernst. Wenn al­le die­se Fir­men weg­zie­hen, ver­liert die Schweiz ins­ge­samt bis zu fünf Mil­li­ar­den Fran­ken Steu­ern und Zehn­tau­sen­de von Ar­beits­plät­zen. Wenn wir die Steu­er­sät­ze nach un­ten an­pas­sen, ge­hen laut einer Schät­zung 2 Mil­li­ar­den Fran­ken al­lein in den vier Zen­trums­kan­to­nen ver­lo­ren. Aber auch an­de­re Kan­to­ne mit re­la­tiv ho­hen Steu­ern müss­ten sich an­pas­sen und ih­re Steu­ern sen­ken. Je­de Mög­lich­keit, die bis­her dis­ku­tiert wur­de, be­wegt sich al­so bei den Ver­lus­ten im Mil­li­ar­den­be­reich.

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Wie weit fort­ge­schrit­ten sind die Plä­ne für Steu­er­sen­kun­gen? Zü­richs Fi­nanz­di­rek­to­rin Ur­su­la Gut sag­te kürz­lich, man wol­le bis Mit­te des nächs­ten Jah­res eine Vor­la­ge prä­sen­tie­ren.

Wir al­le sind am Rech­nen. Um ge­gen­über dem Bund un­se­re Hal­tung zu klä­ren, müs­sen wir Sze­na­ri­en aus­ar­bei­ten. Wie wich­tig sind Be­tei­li­gungs­ge­sell­schaf­ten? Wel­che Ab­wan­de­run­gen sind denk­bar? Wel­che Steu­er­aus­fäl­le sind ab­schätz­bar? Wel­che Ge­gen­mass­nah­men schla­gen wir vor? Da­ran ar­bei­ten wir hin­ter den Ku­lis­sen. Ich aber wä­re mit den Mo­dell­rech­nun­gen nicht an die Öf­fent­lich­keit ge­tre­ten. Der Bund muss mit den Kan­to­nen zu­sam­men eine Vor­la­ge aus­ar­bei­ten.

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Am Ende aber wird das Volk dar­über ab­stim­men.

Klar. Die Steu­er­re­form ist eine Rie­sen­kis­te. Wir Zen­trums­kan­to­ne stos­sen uns schon län­ger am heu­ti­gen Fi­nanz­aus­gleich: Wir tra­gen ho­he In­fra­struk­tur­kos­ten, er­he­ben des­we­gen hö­he­re Steu­ern als an­de­re Kan­to­ne und zah­len erst noch gros­se Sum­men in den Fi­nanz­aus­gleich. Un­se­re Zen­trums­las­ten wer­den nur un­ge­nü­gend ab­ge­gol­ten und wir fi­nan­zie­ren erst noch die Tief­steu­er­po­li­tik klei­ner Kan­to­ne. Be­an­tra­gen wir hier Än­de­run­gen, über­stim­men sie uns. Wir Zen­trums­kan­to­ne sind in­nen­po­li­tisch in der De­fen­si­ve. Eine Lö­sung im Steu­er­streit in­nen­po­li­tisch zu fin­den, ist nicht ein­fa­cher als mit der EU!

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Es kur­siert die Mei­nung, es rol­le zur­zeit eine neo­li­be­ra­le Wel­le auf uns zu. Die Schweiz wer­de zu einem zwei­ten Ir­land in Eu­ro­pa. Ist die­se Furcht be­rech­tigt?

Das Stimm­volk wird Steu­er­sen­kun­gen im skiz­zier­ten Aus­mass nie und nim­mer zu­stim­men. Wir ha­ben das kürz­lich in Ba­sel er­lebt. Eine Mehr­heit lehn­te eine mo­de­ra­te Steu­er­sen­kung der Un­ter­neh­mens­steu­ern ab. Mo­de­rat hiess ein hal­bes Pro­zent pro Jahr über vier Jah­re. Wie soll­te da erst eine Vor­la­ge zur Hal­bie­rung der Ge­winn­steu­ern vor dem Volk be­ste­hen? Wich­tig ist je­doch, dass wir oh­ne Scheu­klap­pen prü­fen, ob nicht zum TOP Bei­spiel die di­rek­te Bun­des­steu­er er­höht wer­den soll­te. Mit dem Mehr­er­trag beim Bund könn­ten da­nach die Steu­er­aus­fäl­le in den be­trof­fe­nen Kan­to­nen kom­pen­siert wer­den. Wir wä­ren EU-kom­pa­ti­bel. Und der in­ter­kan­to­na­le Steu­er­wett­be­werb wür­de sich nicht noch wei­ter ver­schär­fen.

Ist den 17 Neh­mer­kan­to­nen im Fi­nanz­aus­gleich klar, dass auch sie ih­ren Bei­trag leis­ten müs­sen, um mit der EU ins Rei­ne zu kom­men?

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Es gibt auch Neh­mer­kan­to­ne, die stark ne­ga­tiv be­trof­fen wä­ren, zum Bei­spiel Bern. Und es muss al­len klar sein, dass so ho­he Steu­er­aus­fäl­le in den Zen­trums­kan­to­nen ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf die gan­ze Schweiz hät­ten. Wenn man ein­fach nichts tut, um den be­trof­fe­nen Kan­to­nen ent­ge­gen­zu­kom­men, wird der zu ver­tei­len­de Be­trag im Fi­nanz­aus­gleich sin­ken. Das wür­de al­le tref­fen. Den Kan­to­nen dürf­te al­so klar sein, dass sie zur Lö­sung bei­tra­gen müs­sen.

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Wie glück­lich ist Ih­re Par­tei, die SP, über Steu­er­sen­kungs­plä­ne?

Die SP kämpft da­für, dass Bund und Kan­to­ne die not­wen­di­gen Ein­nah­men zur Fi­nan­zie­rung der staat­li­chen Leis­tun­gen er­hal­ten.

Der Ge­werk­schafts­bund lehnt Steu­er­sen­kun­gen ab und ras­selt mit dem Sä­bel. Droht ein Staats­ab­bau?

So weit darf man es nicht kom­men las­sen.

For­dern Sie eine Neu­ver­hand­lung des Fi­nanz­aus­gleichs?

Nicht des gan­zen. Aber der fi­nan­zi­el­le Aus­gleich der Zen­trums­las­ten muss neu ge­re­gelt wer­den. Das heu­ti­ge Sys­tem ist nicht fair. Das zeig­ten schon die Stu­di­en bei der Ein­füh­rung des ak­tu­el­len Fi­nanz­aus­gleichs. Da­mals war es ein po­li­ti­scher Ent­scheid.

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Der Druck der EU hilft Ih­nen bei der al­ten, in­nen­po­li­ti­schen For­de­rung, den Fi­nanz­aus­gleich fai­rer zu ge­stal­ten?

Die dro­hen­den Aus­fäl­le müs­sen ab­ge­gol­ten wer­den. Das ak­tu­el­le Un­gleich­ge­wicht ver­stärkt sich wei­ter.

Ist es rea­lis­tisch, dass der Bund aus an­de­ren Töp­fen mehr an Uni­ver­si­tä­ten oder den Ver­kehr zahlt, als er das schon heu­te tut?

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Es wä­re kei­ne Kunst, dies zu tun. Das ist eine Fra­ge der po­li­ti­schen Mehr­hei­ten. Es geht auch um Um­stel­lungs­kos­ten über eine ge­wis­se Zeit. Wenn der po­li­ti­sche Wil­le da ist, könn­te auch ein Weg ge­fun­den wer­den, um die dro­hen­den Steu­er­aus­fäl­le in Genf, Zü­rich, Ba­sel und der Waadt aus­zu­glei­chen.

Sie plä­die­ren für die Ein­füh­rung von pri­vi­le­gier­ten Son­der­steu­ern, die so­ge­nann­te Li­zenz­be­steue­rung (Li­zenz­box). Wie rea­lis­tisch ist die­se Lö­sung im Kon­text der EU?

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Sie ist sehr rea­lis­tisch. Eng­land hat die Li­zenz­be­steue­rung in die­sem Som­mer eben erst ein­ge­führt. An­de­re Län­der ken­nen sie seit län­ge­rem. Es ist falsch, wenn ge­sagt wird, dass die EU kei­ne Li­zenz­be­steue­rung mehr zu­las­se. Eine sol­che wür­de ver­hin­dern, dass die or­dent­li­chen Steu­ern zu stark ge­senkt wer­den müs­sen.

Wie funk­tio­niert die­se Li­zenz­box?

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Ge­wis­se Er­trä­ge, hier Li­zenz­er­trä­ge, wer­den tie­fer be­steu­ert als Er­trä­ge aus an­de­rer Ge­schäfts­tä­tig­keit. Die EU stört heu­te, dass im Aus­land er­ziel­te Ge­win­ne viel tie­fer be­steu­ert wer­den als in­län­di­sche Ge­win­ne, das so­ge­nann­te «Ring­fen­cing». Das wä­re bei Li­zenz­bo­xen nicht der Fall — und wie schon ge­sagt, die EU kennt sie sel­ber. Soll­te die EU in der Zu­kunft die­ses Sys­tem ab­schaf­fen wol­len, so kön­nen wir nach­zie­hen. Bis sie so weit ist, wird aber noch viel Was­ser den Rhein hin­un­ter­flies­sen.

«Wir soll­ten uns nicht nur an Ir­land oder Sin­ga­pur ori­en­tie­ren, son­dern auch an den um­lie­gen­den Län­dern.»

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Bun­des­rä­tin Wid­mer-Schlumpf kri­ti­siert die Kantone

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(SDA)

Die Fi­nanz­mi­nis­te­rin plä­diert im Steu­er­streit mit der EU für eine na­tio­na­le Lö­sung.

Die Fi­nanz­mi­nis­te­rin plä­diert im Steu­er­streit mit der EU für eine na­tio­na­le Lö­sung.

Das Vor­pre­schen ein­zel­ner Kan­to­ne bei der Sen­kung der Un­ter­neh­mens­steu­ern kommt auf eid­ge­nös­si­scher Ebe­ne nicht gut an. Fi­nanz­mi­nis­te­rin Eve­li­ne Wid­mer-Schlumpf und Chris­tian Wan­ner, Prä­si­dent der kan­to­na­len Fi­nanz­di­rek­to­ren, wol­len eine na­tio­na­le Lö­sung. Sie be­dau­re, dass ein­zel­ne Kan­to­ne letz­te Wo­che TOP mit Vor­schlä­gen für die Sen­kung ih­rer Un­ter­neh­mens­steu­ern an die Öf­fent­lich­keit ge­gan­gen sind, sag­te Wid­mer-Schlumpf ge­gen­über der «Ta­ges­schau» des Schwei­zer Fern­se­hens. Mit den Fi­nanz­di­rek­to­ren sei ver­ein­bart wor­den, dass zu­erst die Ar­beit ge­macht und dann kom­mu­ni­ziert wer­de.

In einem fö­de­ra­lis­ti­schen Staat sei es al­ler­dings nicht zu ver­hin­dern, dass ein­zel­ne Kan­to­ne jetzt für sich rech­nen, mein­te die Fi­nanz­mi­nis­te­rin wei­ter. «Wir müs­sen die Sa­che nun wie­der auf eine sach­li­che Ebe­ne brin­gen.»

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Chris­tian Wan­ner, der Prä­si­dent der kan­to­na­len Fi­nanz­di­rek­to­ren, sprach in einem In­ter­view mit dem Schwei­zer Ra­dio von einer «nicht glück­li­chen Si­tua­ti­on», wenn je­der Kan­ton nun ein­zeln vor­ge­he und die Un­ter­neh­mens­steu­ern sen­ken wol­le. Wan­ner räum­te aber auch ein, dass die von den Kan­to­nen Zü­rich und Genf ge­mach­ten Vor­schlä­ge durch­aus An­sät­ze sei­en, über die man dis­ku­tie­ren kön­ne.

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Die von den Fi­nanz­di­rek­to­ren ein­ge­setz­te Ar­beits­grup­pe ha­be al­ler­dings noch kei­ne kon­kre­ten Be­schlüs­se ge­fasst. Die­se sol­len im Früh­ling vor­lie­gen. Man neh­me den Druck der EU sehr ernst. «Je hö­her die Steu­ern in West­eu­ro­pa al­ler­dings stei­gen, des­to at­trak­ti­ver wer­de die Schweiz, ohne dass sie et­was da­zu­tut», sag­te Wan­ner.

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Unter­stüt­zung er­hal­ten die Kan­to­ne Zü­rich und Genf vom Zu­ger Fi­nanz­di­rek­tor Pe­ter Hegg­lin. «Ich bin froh, dass sich die Kan­to­ne Ge­dan­ken über die Zu­kunft ma­chen und ver­schie­de­ne Sze­na­ri­en durch­rech­nen», sag­te er ge­gen­über der «NZZ am Sonn­tag». Im Kan­ton Zug sel­ber sieht Hegg­lin kei­nen Hand­lungs­be­darf. Zug sei seit län­ge­rem auf dem Weg zu einer mo­de­ra­ten Steu­er­be­las­tung. Für Un­ter­neh­men lie­ge der Satz der­zeit bei rund 14,7 Pro­zent, sag­te Hegg­lin.

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